Genauso wie man durch ein Theaterstück einen anderen Blick auf eine Geschichte bekommen kann, so veranlasst mitunter auch der Besuch einer Ausstellung dazu, bestimmte Bücher aus einer anderen Perspektive zu sehen – sie neu zu sehen. Diese Verbindung zwischen Kinderliteratur und Museumsbesuch finden wir sehr spannend und haben eine Ausstellung besucht, die dem Erleben gleich mehrerer Bücher einen neuen Blickwinkel verschaffen kann. Die Rede ist von der derzeitigen Sonderausstellung zum Thema Freundschaft im Deutschen Hygienemuseum Dresden, die in besonderem Maße auf die Bedürfnisse der kleinen Besucher eingeht.
Freundschaft – Die Ausstellung über das, was uns verbindet. Kurator und Projektleiter: Dr. Daniel Tyradellis

Wie wichtig und schön – aber auch wie schwierig – es sein kann, in der Kindheit die ersten Freunde zu finden und zu halten, weiß sicher noch jeder von uns. Kinderfreundschaften – eine Mischung aus uneingeschränkter Zuneigung, Neugierde und einfacher Unverbindlichkeit. Sie helfen den Kleinen dabei sich selbst zu sehen und ihren Platz in der Gemeinschaft zu finden – sie machen stark und legen den Grundstein zu unserer späteren Bindungsfähigkeit. Vom dritten Lebensjahr an werden für Kinder Freundschaften Jahr für Jahr immer wichtiger.
Aufgrund dieser Bedeutung für die kleinen LeseEntdecker wird dem Motiv der Freundschaft im Bilder- und Kinderbuch auch entsprechend viel Raum gegeben – sei es als Hauptthema durch das gesamte Buch oder zusätzlich zum eigentlichen Thema am Rande erzählt. So gibt es sicher in fast jedem Kinderzimmer das ein oder andere Buch zum Thema. Weil Freundschaft aber keineswegs immer gleich ist und uns in den verschiedensten Facetten begegnen kann, können Geschichten und Motive immer wieder auch neu entdeckt werden. Vor allem wenn neue Erfahrungen oder Begegnungen hinzukommen – der Besuch der Ausstellung über das, was uns verbindet gehört in jedem Falle dazu. Also kommt mit und begleitet uns auf den Kinderspuren durch die Museumsräume des Hygienemuseums Dresden.

Noch bis zum 01. November 2015 kann man dort innerhalb von fünf Abteilungen die verschiedensten Formen und Ausprägungen von Freundschaft erleben. Die Schwerpunkte hat man dabei auf folgende Bereiche gelegt:
Befreundete Staaten – Verbriefte Freundschaft – Echt oder Unecht? –
Erlebniswelt Freundschaft – Friendship – Do it yourself.
Präsentiert wird diese Vielfalt vor dem Spannungsfeld, in dem sich Freundschaft in unserer heutigen Gesellschaft bewegt – nämlich zwischen ihrer immer größer werdenden Bedeutung innerhalb unserer vorherrschenden Schnelllebigkeit auf der einen und dem nachlässigem Gebrauch des Wortes an sich auf der anderen Seite. Wann ist Freundschaft auch wirklich Freundschaft und wann hat es nur den Anschein danach? Diese Frage steht im weitesten Sinne über der Ausstellung – eine klare und eindeutige Beantwortung gibt sie aber nicht. Vielmehr hilft sie dabei das eigene Gefühl für Freundschaft zu stärken und eventuell neu zu bereichern.
Vor allem für Kinder, deren Gefühl für Freundschaft noch am Anfang steht, trifft das zu. Und extra für sie hat man im Rahmen der Ausstellung deswegen auch eine Kinderspur entwickelt. Mit dazugehörigem Orientierungsplan und Kinderarmband können die Ausstellungsräume so von den Kleinen ausgiebig erkundet und erobert werden. Begleitet werden sie dabei von einem kleinen Elefanten, der ihnen genau zeigt, welche Exponate für sie interessant sein könnten.

Die Geschichte, die hinter dem kleinen Elefanten steckt, wird gleich zu Beginn an der ersten Station der Kinderspur erklärt und gibt gleichzeitig den Startschuss für den Ausstellungsrundgang der besonderen Art. Denn von dort an heißt es, immer wieder den kleinen Freund mit Rüssel zu suchen und gespannt zuzuhören, was Mama oder Papa dann vorzulesen haben. Bei unserem Besuch in der Ausstellung konnten wir den kleinen Museumsgängern wunderbar ansehen, welchen Heidenspaß es ihnen macht, ihr ganz persönliches Ausstellungs-Armband immer wieder an den dafür vorgesehenen ElefantenPlatz zu halten und ihren Text aufleuchten zu sehen.
” Freundschaft heißt, treu zu sein. Elefanten haben ein hervorragendes Gedächtnis.
Wenn jemand besonders nett war, vergessen sie das nie mehr. Deshalb sind Elefanten auch sehr treue Tiere.
Aber genauso wenig vergessen sie es, wenn jemand besonders böse zu ihnen war.
Was ist wichtiger für eine Freundschaft: sich an die vielen schönen gemeinsamen Momente zu erinnern,
oder die weniger schönen Erlebnisse vergessen und verzeihen zu können?
Die hier zu sehenden Elefanten waren übrigens kleine Geschenke für die Büroleiterin
des deutschen Bundeskanzlers Helmut Kohl.
Findest du in der Horde den kleinen weißen Porzellan-Elefanten, der seinen Rüssel nach vorne streckt?
Er wird dich durch die Ausstellung begleiten.”
(Auszug aus den digitalen Objekttexten der Kinderspur, © DHMD)


So kommen sie nach einigen weiteren Exponaten auch zur Geschichte einer Flaschenpost, die eine beeindruckende Freundschaft entstehen lassen hat – allein vom Zufall gesteuert. Außerdem können kreativ gefaltete Banknoten aus verschiedenen Ländern bestaunt werden, die für die beschenkten Freunde wohl weit mehr Wert hatten, als den alleinigen Geldwert. Die Mühe, die Zuneigung und das Bestreben eine Freude machen zu wollen heißt es hier zu erkennen.
Auf der Rückseite des Orientierungsplans hat man dann einige Ideen zu den verschiedenen Objekten zusammengetragen, die es möglich machen, das Erlebnis Ausstellung im Anschluss mit nach Hause nehmen zu können. Die kleinen Besucher finden dort beispielsweise Anleitungen zum Verfassen einer Flaschenpost, Falten eines Geldgeschenks oder Knüpfen eines Freundschaftsbandes.

Einen weiteren Aspekt, der hier unbedingt noch Beachtung finden soll, ist der Bezug zur Bildenden Kunst in der Ausstellung. Ein kompletter Raum widmet sich der Darstellung von Freundschaft im Bild und es sind Werke der Malerei aus fünf Jahrhunderten großformatig zu bestaunen. Die Kinderspur führt natürlich auch durch diese Abteilung und die Kinder können sich ganz nebenbei in Bildbeschreibung versuchen. Das Bild “Ein Meeting” von Marie Bashkirtseff (1884, Öl auf Leinwand, Musée d’Orsay, Paris) thematisiert das Thema Freundschaft in der Gruppe und lädt sogar dazu ein, eigene kleine Geschichten dazu zu erfinden.
“Freundschaft heißt, zusammen Pläne zu schmieden.
Die in dem Bild zu sehenden Jungen haben etwas zu besprechen.
Die Malerin wollte damit wahrscheinlich sagen, dass es zur Freundschaft dazu gehört,
zusammen Pläne auszuhecken. Dass dabei nicht alle mitmachen dürfen,
zeigt sie durch das Mädchen, das rechts aus dem Bild geht.
Gehört sie nicht dazu, weil sie ein Mädchen ist und die Gruppe nur aus Jungen besteht – oder ist das Zufall?
Was könnten die Jungen planen?
Denk dir eine Situation aus und fülle die Sprechblasen auf deinem Faltplan.”
(Auszug aus den digitalen Objekttexten der Kinderspur, © DHMD)


Und neben der Kunst kommen natürlich auch die Literaturpräsentationen zum Thema nicht zu kurz. Speziell für die kleinen LeseEntdecker gibt es beispielsweise Aquarelle von Helme Heine zu sehen, dessen Bilderbuch “Freunde” schon ein wahrer Klassiker unter den Freundschaftsbüchern für Kinder ist.
Unser Anliegen ist es nun diesen Ansatz aus der Ausstellung weiterzuführen und eine kleine, feine Sammlung von Bilder- und Kinderbüchern zum Thema Freundschaft anzulegen. Dabei haben wir darauf geachtet, dass eine gewisse Vielfalt gegeben ist – damit kleine LeseEntdecker mit den verschiedensten Ansprüchen auf ihre Kosten kommen können. Konzipiert als Reihe werden wir hier also immer wieder Freundschaftstitel in den EntdeckerKoffer einziehen lassen und dazu anregen Freundschaft in all seinen Farben kennenzulernen. Eine erste Auswahl seht ihr hier:

Anlässlich dieses neuen Schwerpunktes empfehlen wir natürlich sehr einen Besuch im Hygienemuseum Dresden. Selten ist uns bisher eine so konkrete Ausrichtung auf das junge Publikum begegnet. Die Kinderspur der Ausstellung Freundschaft – Die Ausstellung über das, was uns verbindet erinnert uns an unsere sehr positiven Erfahrungen aus schwedischen Museen und wir hoffen sehr auch hierzulande immer mehr solcher Angebote für Kinder ausfindig machen zu können.