Vom Reichtum der Sprache – Andreas Steinhöfel in Dresden
Schon im November letzten Jahres hatte ich das Glück einem Vortrag von Andreas Steinhöfel lauschen zu können. Im Rahmen der Tagung „Literaturkritik unter der Lupe“ gewährte er unter dem Titel „Warme Herzen – eine Spurensuche“ einen Einblick in sein Schaffen, las aus unveröffentlichten Erzählungen und berichtete vom Entstehen seiner „Sonnenkinder“. Tief berührt war ich schon da von seinen besonderen Ausführungen.
Letzten Sonntag war er nun zu Gast in unserem schönen Dresdner Schauspielhaus. Dort hielt er im Rahmen der traditionsreichen Dresdner Reden ein Plädoyer für das Lesen und sprach über Entwicklungen unserer Sprach- und Lernkultur.
Eine Lanze fürs Buch wolle er brechen – so begann Andreas Steinhöfel seine Rede vor dem vollbesetzten Saal. Doch anstelle daraufhin das Lesen und die Buchkultur auf einen hohen Sockel zu heben, sprach er erst einmal von den Anstrengungen, die das Lesen eben auch mit sich bringt und zählte Bewegründe auf, warum manche Menschen ihr Leben lang selten oder gar nicht zum Buch greifen und warum das für sie dann aber doch der richtige Weg sein kann. So viel Verständnis für etwas, was einem Autor eigentlich völlig fremd sein müsste, lässt erstaunen und macht ihn sehr sympathisch.
Und dann beginnt er damit die Lanze zu brechen – für das Buch und das textbasierte Lesen. Was ja im übertragenen Sinne nichts anderes bedeutet, als dem gedruckten Wort und der Literatur beizustehen und sich dafür einzusetzen – aber mit seinen Worten ist es dann eben doch viel mehr als das.
Lesen hat auch immer mit Emotionen zu tun und kann und sollte nie wirklich losgelöst davon passieren. Eine Tatsache, die wir vor allem unseren Kindern viel mehr ermöglichen – ja sogar zugestehen – sollten. Gelesenes verfestige sich viel besser, wenn es emotional begleitet wird, so Andreas Steinhöfel. Eine wichtige Erkenntnis, die Einzug in sämtliche Schulen unseres Landes halten sollte.
“Lesen bedeutet auch immer Spracherwerb.”
Unsere Sprache ist ein großer Reichtum, so Steinhöfel weiter. Ein Reichtum, den wir auch als solchen erkennen sollten – auch wenn wir ihn uns erst erarbeiten müssen. Das Gelesene überdenken – innehalten – wieder zurückblättern und dann erst verstehen. Ein Buch sei nie schnell und stehe somit im Gegensatz zur multimedialen Wissensvermittlung, die uns keine oder nur wenige Pausen lässt. Aber genau diese Pausen brauche es, um das Gelesene zu behalten und einen wirklichen Lerneffekt zu erzielen. Steinhöfel spricht von “Konzentration statt Zerstreuung” und davon, dass Lernen anstrengend sein muss, um nachhaltig zu sein.
“Wer sich nicht streckt, wird nicht erwachsen.”
Schnell vergangen ist die knappe Stunde seiner Rede und hat in vielerlei Hinsicht bereichert. Mitgenommen habe ich nicht nur zwei signierte Exemplare für den EntdeckerKoffer, sondern außerdem eine neue Sichtweise auf Literatur für all jene, die noch nicht erwachsen sind und sich noch strecken müssen. Danke Herr Steinhöfel!