Heute ist der Geburtstag von Astrid Lindgrens Tochter Karin Nyman. Einst, als sie 10 Jahre alt wurde, bekam sie von ihrer Mutter ein ganz besonders Geburtstagsgeschenk – die Geschichte von Pippi Langstrumpf. Seither feiert mit ihr also auch das stärkste Mädchen der Welt seinen Geburtstag – dieses Jahr schon seit 75 Jahren.
Sommersprossig, fröhlich und mit einem ganz großen Herzen ausgestattet – so ist sie, die Pippi. Der Kopf voller Verrücktheiten und Fantasien und immer auf der Seite der Kinder oder der Schwächeren. Pazifistin durch und durch, unheimlich positiv und mutig. Ja, die Pippi, die wünscht man sich als Freundin – sogar die Erwachsenen, wenn sie ehrlich sind. Sie müssen sich nur zurückerinnern, wie es sich anfühlt, ein Kind zu sein. Spätestens dann, wissen sie wieder, wie wichtig es ist, dass sich jemand für Freiheit, Spaß und Süßigkeiten einsetzt. Und das tut Pippi – entschlossen, aber immer freundlich und respektvoll. Wie schön, dass es sie gibt.
Alles Gute zum Geburtstag, liebe Pippilotta Viktualia Rollgardina Pfefferminz Efraimstochter Langstrumpf!
Sich zum ersten Mal in eine Geschichte vertiefen, der Fantasie freien Lauf lassen und sich in die Figuren einfühlen, ist eine ganz und gar großartige Erfahrung eines jeden kleinen LeseEntdeckers. Und egal wann und auf welche Art und Weise das geschieht, so bleibt in jedem Fall das Wissen, dass es möglich ist, zwischen den Welten zu reisen und an Orte zu gelangen, die uns nur über das Lesen und die eigene Fantasie zugänglich sind. Eine weitere wertvolle Erfahrung in diesem Zusammenhang ist das Erleben einer Geschichte, die sich so tatsächlich zugetragen hat. Das Eintauchen in ein Leben, eine Zeit oder ein Ereignis aus der Vergangenheit mit der Vorstellung, dass es sich so oder so ähnlich wirklich zugetragen hat, fasziniert gerade in der Kindheit, wo so vieles noch zwischen Realität und Fiktion hin- und herschwankt, besonders.
Biografien für Kinder lautet da das Stichwort und wir freuen uns sehr, dass so viele Verlage diesem Genre immer mehr Aufmerksamkeit schenken. Wir möchten die ein oder andere Biografie hier vorstellen und beginnen mit einer der schönsten Neuerscheinungen des vergangenen Jahres.
Astrid Lindgren – Ihre fantastische Geschichte von Agnes-Margrethe Bjorvand, übersetzt von Neele Bösche und illustriert von Lisa Aisato, erschienen bei WooW Books.
Wenn man von einem rothaarigen starken Mädchen in Verbindung mit Astrid Lindgren erzählt, ist eigentlich klar, von wem die Rede ist. Doch Moment, so klar dann doch wieder nicht – zumindest wenn man sich die diesjährige Weihnachtsinszenierung am tjg. – Theater junge Generation in Dresden angeschaut hat. Denn dort kann Ronja Räubertochter ohne weiteres mit ihrer wohl etwas bekannteren Figurenschwester Pippi Langstrumpf mithalten. Weder im Starksein, noch was die Intenstiät der roten Haarfarbe betrifft, steht sie ihr nach. Ronja Räubertochter mit einem herrlich krausen, roten Lockenkopf gibt es so nur im Theater – wir haben sie gesehen und wieder einmal mehr gestaunt, wie sehr eine Geschichte doch von ihrer Wechselwirkung zwischen Buch und Bühne profitieren kann.
Ronja Räubertochter von Astrid Lindgren, erschienen im Friedrich Oetinger Verlag. Am tjg. Theater der jungen Generation Dresden in einer Fassung von Barbara Hass aufgeführt.
Etwas anders gefärbt ist unser Kaleidoskop in diesem Monat – aber ebenso voll an Entdeckungen wie bereits im März. Mit dabei zwei spannende Kinderbuchfestivals – beide in der Hauptstadt, das eine ganz neu und das andere fast schon eine Institution. Außerdem eine Reihe an wunderbaren Kinderbüchern, die bald auf der Bühne zu sehen sein werden, die Vorfreude auf ein Großereignis im Juni mit dem passenden Lesestoff für die kleinen LeseEntdecker, ein Ausstellungstipp für alle, die ihren Sommerurlaub dieses Jahr im Süden von Schweden verbringen werden sowie ein Tipp für die wohl größte Kindertagssause des Landes.
1978 erhielt Astrid Lindgren als erste Kinderbuchautorin den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Damit wurde sie als eine Persönlichkeit geehrt, die “durch ihre literarische Tätigkeit in hervorragendem Maße zur Verwirklichung des Friedensgedankens beigetragen hat”. In ihrer im Anschluss gehaltenen Rede stand sie also vor der Aufgabe über Frieden, Menschlichkeit und über die Verständigung der Völker zu sprechen. Und genau das tat sie auch – allerdings auf ihre ganz eigene Art und Weise. Denn über Frieden zu sprechen, bedeutete für sie in erster Linie über die Kinder zu sprechen. Und nicht nur “über” sie, sondern “für” sie. Sie wollte ihnen eine Stimme geben und für sie eintreten.
Ihre damals gewählten Worte sind bis heute von enormer Wichtigkeit für die Rechte unserer Kinder im Speziellen und das gewaltfreie Zusammenleben in der Gesellschaft im Allgemeinen. Bisher konnte man sich ihre Rede nur in Auszügen anschauen oder als Textdatei herunterladen. Seit diesem Jahr allerdings gibt es ein kleines feines Büchlein, das man immer wieder zur Hand nehmen kann, um ihren Appell lebendig zu halten und weiter zu geben.
Obwohl fast vierzig Jahre vergangen sind und sich besonders in der Kindererziehung auch vieles verändert hat, sind Astrid Lindgrens Forderungen besonders heute aktueller denn je. Deswegen ist es uns auch wichtig die Aufmerksamkeit des heutigen Tages zu nutzen und dieses Buch ganz bewusst eben am Internationalen Kindertag in den EntdeckerKoffer einziehen zu lassen.
Niemals Gewalt! von Astrid Lindgren mit einem Vorwort von Dunja Hayali und einem Nachwort von Silke Weitendorf, übersetzt von Anna-Liese Kornitzky, erschienen im Friedrich Oetinger Verlag.
Astrid Lindgren spricht von Frieden als etwas, das es nicht gibt. Und wolle man ihn eines Tages erreichen, so müsse man “von Grund auf neu beginnen – bei den Kindern”, so die Autorin. Und wie dieser Neuanfang auszusehen hat, das wusste sie auch ziemlich genau. Mit Liebe und Geborgenheit, aber niemals mit Gewalt. Nur wenn wir unseren Kindern mit Liebe begegnen, können aus ihnen auch Menschen werden, deren Grundhaltung durch Liebe geprägt ist. Und das wäre – so realistisch war auch sie – zumindest ein Anfang.
Gebt Kindern Liebe, mehr Liebe und noch mehr Liebe.
Ein besonders berührender Teil ihrer Rede ist die kurze Erzählung über eine Mutter, die ihren Sohn mit Stockschlägen bestrafen will, durch seine Reaktion darauf die Situation aber auf einmal durch seine Augen betrachtet und so über sich selbst unendlich erschrickt. Und wie gut, dass Astrid Lindgren diese Erzählung in die sonst doch sehr klaren und direkten Worte eingewoben hat, denn so hat sie ein Bild in den Köpfen der Menschen erschaffen, das ihr Appell allein nicht zustande gebracht hätte. In diesem Zusammenhang möchten wir auch auf einen Kurzfilm aufmerksam machen, der genau diese Geschichte darzustellen versucht und somit Lindgrens Werte und Forderungen weiterträgt – in unsere heutige Gesellschaft, in der Gewalt viele verschiedene Gesichter hat. Ein sehr wichtiger Beitrag.
Auch Dunja Hayali geht in ihrem Vorwort auf diese Geschichte ein und erinnert daran, dass Lindgrens Rede einen Meilenstein für die Kinderrechte darstellt. Ihrem Text ist anzumerken, wie sehr sie das Erbe der Autorin wertschätzt und er stellt als Einstieg und Hinführung zu Lindgrens Rede einen sehr authentischen Bezug zu unserer heutigen Zeit her. Abgerundet ist das Büchlein mit dem Nachwort der Verlegerin Silke Weitendorf und gibt all denjenigen, die die Autorin Astrid Lindgren nur von ihren Kinderbüchern her kennen, einen Einblick in ihr Leben und ihr Wesen, was die Rede eindeutig noch besser verständlich macht.
Wir möchten dieses Büchlein an dieser Stelle von ganzem Herzen empfehlen, denn wir sind überzeugt davon, dass Astrid Lindgren vor 39 Jahren einen Weg aufgezeigt hat, der tatsächlich zu mehr Frieden und Nächstenliebe in unserer Welt führen könnte. Umso mehr Menschen sich diesen zu Herzen nehmen und den Kindern eine Kindheit in Liebe und Geborgenheit schenken, umso näher kommen wir dem Traum vom Frieden. Und auch wenn uns vieles gerade glauben lässt, dass wir davon sehr weit entfernt sind, so müssen wir dennoch daran festhalten. Astrid Lindgren hat das ein Leben lang getan und stets an das Gute geglaubt. Wie schön ist es da, dass der Verlag für den Umschlag des Buches die Farbe Grün gewählt hat – die Farbe der Hoffnung.
Es ist immer wieder faszinierend in den Reihen eines Theatersaals zu sitzen und dabei zu sein, wenn eine liebgewonnene Geschichte zum Leben erweckt wird. Dann sind es nur wenige Meter, die die eigene Vorstellungskraft und Fantasie von den Protagonisten auf der Bühne trennen und die Geschichte kann förmlich miterlebt werden.
So ging es uns auch bei unserem jüngsten Theaterbesuch im Schauspielhaus – Staatsschauspiel Dresden. Dort wird seit der Vorweihnachtszeit Astrid Lindgrens wohl märchenhaftester Roman auf die Bühne gebracht – als Familienstück mit jeder Menge Erlebnispotential. Die Rede ist von Mio, mein Mio – das Märchen, in dem Astrid Lindgren Realität und Wunderwelt so untrennbar und kunstvoll miteinander verwoben hat, das an ihrer parallelen Existenz nebeneinander her kein Zweifel mehr besteht. Ausgezeichnet wurde Mio, mein Mio dafür mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis 1956.
Dem entsprechend gespannt waren wir auch auf die szenische Umsetzung dieses literarischen Kunstwerkes. Wie es dem Ensemble aber gelungen ist, der Textvorlage mehr als gerecht zu werden, davon möchten wir im Folgenden berichten.
Mio, mein Mio von Astrid Lindgren, übersetzt von Karl Kurt Peters und illustriert von Ilon Wikland, erschienen im Verlag Friedrich Oetinger. Am Schauspielhaus – Staatsschauspiel Dresden als Kinder- und Familienstück in einer Fassung von Kristina Lugn und unter Regie von Matthias Reichwald aufgeführt.