07/15/21

Wo eine Reise nach Nirgendwo dich überall hinführt – Endlich wieder Theater

Als ich mich bei schönstem Sonnenschein auf der Wiese vor dem Sonnenhäusel mit dem Dramaturgen Christoph Macha treffe, um über seine neueste Inszenierung am tjg. Dresden zu sprechen, erzählt er mir gleich am Anfang, wie aufgeregt alle waren, als sie nach der langen Pause endlich wieder vor Kindern proben konnten. Und auch ich bin aufgeregt, so kurz vor meiner ersten Premiere nach einer gefühlten Ewigkeit. Natürlich im positiven Sinne, denn schließlich geht es jeden Moment wieder los – die Kinder rutschen gespannt auf ihren Plätzen herum, bis die Glocke dreimal ertönt. Und dann heißt es endlich wieder Eintauchen in das Unmittelbare und Vielfältige der Theaterkunst.

Schauplatz diesmal ist der hübsche Herzwald im Land der Träume und das junge Publikum wird Zeuge der Geburt eines ganz besonderen Wesens.

Das NEINhorn von Marc-Uwe Kling und illustriert von Astrid Henn, erschienen im Carlsen Verlag – am tjg. auf die Bühne gebracht von Christoph Macha und Johanna Zielinski.

Das NEINhorn © Carlsen Verlag, Illustration: Astrid Henn vor dem NEINhorn des tjg. auf der Bühne des Sonnenhäusels im Großen Garten in Dresden
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06/12/19

Ginpuin – Von einem, der auszog, das Glück zu finden

Mit der diesjährigen Sommerinszenierung für das Sonnenhäusel im Großen Garten ist dem tjg. theater junge generation nicht nur ein perfekter Brückenschlag vom Buch auf die Bühne, sondern zusätzlich auch ein wunderbarer Übergang zwischen den Spielzeiten gelungen. Auf der einen Seite passt das Stück, das von einem kleinen Pinguin mit Sprachfehler handelt, wunderbar zum auslaufenden Spielzeitmotto Lass uns mal reden!, da es die Sprache gezielt in den Fokus rückt. Auf der anderen Seite läutet die Inszenierung gleichzeitig sehr schön das neue Motto Anders leben als Du ein, indem es die Sprache als ein wesentliches Merkmal, um sich voneinander zu unterscheiden und das Anderssein direkt wahrzunehmen, darstellt. Und das vor allem, weil sie dabei aufzeigt, welche Chance im Andersein liegt.

Ginpuin – Auf der Suche nach dem großen Glück von Barbara van den Speulhof, illustriert von Henrike Wilson und erschienen im Coppenrath Verlag. Am tjg. theater junge generation in einer Fassung von Winnie Karnofka unter Leitung von Moritz Sostmann aufgeführt.

Überall Eis – der Ginpuin vor der kleinen Bühne des Sonnenhäusels im Großen Garten
Buchvorlage © Coppenrath Verlag, Illustrationen: Henrike Wilson
Bühne, Kostüme, Puppen und Objekte © Christian Beck für tjg. Dresden
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10/29/17

Die Metamorphose vom Buch auf die Bühne (Teil II)

Nachdem es im ersten vorgestellten Stück dieser kleinen Reihe hauptsächlich um verschiedene Märchenmotive und die Auseinandersetzung mit dem Genre an sich ging, soll im Folgenden ein ganz konkretes Märchen vorgestellt werden. Denn Märchen spielen für die Spielpläne der Kindertheater eine elementare Rolle und sind so Bestandteil fast jeder Spielsaison. Mit ihnen erreicht man alle Generationen und gerade die Erwachsenen, an denen es nun einmal liegt, dass die Kinder die Möglichkeit bekommen, Theater zu erleben, gehen oftmals lieber zu einem bekannten als zu einem unbekannten Stück.

Am tjg. in Dresden gestaltet sich die Märchenauswahl aber immer wieder sehr vielseitig und man schreckt auch vor so alten Märchenstoffen wie Sindbad der Seefahrer nicht zurück. Die Erzählung gehört zu der Märchensammlung aus Tausendundeiner Nacht, die als die älteste uns bekannte Märchensammlung gilt und aus dem 8.-10. Jahrhundert stammt. Sie ist das Ergebnis einer zweitausendjährigen Überlieferung und wurde währenddessen immer wieder erweitert und verändert. Daher gibt es in diesem Fall also auch für Sindbad der Seefahrer keine eindeutige Vorlage, sondern viel mehr verschiedene Überlieferungen, Bearbeitungen und Versionen, die zum Teil stark voneinander abweichen. Wie das tjg. diese eigentliche Schwierigkeit für die Inszenierung genutzt hat, hat uns sehr gefallen.

Sindbad der Seefahrer nach den Märchen aus Tausendundeiner Nacht. Am tjg. Theater der jungen Generation Dresden spartenübergreifend in einer Fassung von Ania Michaelis aufgeführt.

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Vom Buch auf die Bühne – Warten auf Sindbad

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10/11/17

Die Metamorphose vom Buch auf die Bühne (Teil I)

In den letzten Monaten haben wir uns aus ganz speziellen Gründen sehr intensiv mit einem bestimmten Thema auseinandergesetzt. Wir haben recherchiert, waren unterwegs und haben eine Begeisterung entwickelt, die wir nun hier gern teilen möchten – sozusagen als Auftakt in den Bücherherbst, wo hier wieder mehr zu lesen sein wird.

Es sind zwei Künste, um die es in den folgenden Zeilen gehen soll. Zwei Medien, die kleine LeseEntdecker auf ganz verschiedene Art und Weise erreichen, dabei aber ein gemeinsames Ziel haben: zu bewegen und zu berühren. Wir sprechen von der Kinderliteratur auf der einen und dem Kindertheater auf der anderen Seite. Die Verbindung beider Seiten eröffnet neue Chancen und trägt in unseren Augen ein enormes Potential in Sachen Leseförderung in sich. Denn wird aus einer Kinderbuchvorlage ein Theaterstück, haben wir es mit einer Verwandlung zu tun – man könnte auch sagen: eine Metamorphose vom Buch auf die Bühne. Das Ergebnis dieses Verwandlungsprozesses ist dann ein medienübergreifendes Erlebnis. Das macht aus einem vertrauten Bilder- oder Kinderbuch durch Adaption und Bearbeitung eine Inszenierung fürs Theater und ermöglicht es Figuren sowie Inhalte auf sehr unmittelbare Art und Weise zu erleben und neue Perspektiven auf eine Geschichte zu bekommen.

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Beflügelt durch Verwandlung – wie Buch und Bühne voneinander profitieren können

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06/22/15

Drei Räuber und ihr Weg vom Buch auf die Bühne

Wer hier schon länger liest, der weiß, dass wir immer wieder auch gern Kinderbuchadaptionen aus Film und Theater vorstellen. Die Theaterinszenierungen liegen uns dabei besonders am Herzen und wir sind immer wieder überrascht, welchen neuen Blick man durch den Wechsel vom Buch zur Bühne auf eine Geschichte bekommen kann.

Ein großes Glück für uns ist daher die Tatsache, dass wir vor Ort eines der besten Kinder- und Jugendtheater des Landes haben und sich im Spielplan immer wieder tolle Stücke finden lassen, die wunderbar zu den LeseEntdeckern passen. Dieses Mal waren es drei schreckliche Kerle, die es uns schon in der Vorankündigung angetan hatten und schnell entstand die Idee, einmal den Weg aufzuzeigen, den eine Kinderbuchgeschichte bis hin zur Theaterinszenierung nehmen kann. Dass dabei sogar noch ein ausgezeichneter Animationsfilm eine Rolle spielt, macht das Schreiben über das medienübergreifende Erleben einer Geschichte erst recht spannend.

Kommt also mit und begleitet uns – hin zur kleinen Bühne unter dichtem Blätterdach. Dorthin, wo im Sommer in Dresden Fantasie und Spaß großgeschrieben werden. Kommt mit zum tjg. Sommertheater im SONNENhäusel.

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Eingang zum SONNENhäusel im Großen Garten Dresden.

Gespielt wird dort gerade als Puppenspielproduktion der wunderbare Klassiker Die drei Räuber von Tomi Ungerer. Eine Bilderbuchgeschichte, die erstmals 1963 erschienen ist und seiner Zeit damals weit voraus war. Wir haben uns mit dem Regisseur Frank Alexander Engel am SONNENhäusel getroffen und über die Entstehung des Stücks gesprochen. Dank der darauf folgenden Premiere bei schönstem Sommertheater-Wetter können wir an dieser Stelle außerdem unsere gesammelten Eindrücke der Inszenierung mit euch teilen und Vergleiche zum Buch anstellen.

Die drei Räuber von Tomi Ungerer und übersetzt von Tilde Michels, erschienen im Diogenes Verlag. Am tjg. Theater der jungen Generation Dresden als Puppenspiel in einer Fassung von Frank Alexander Engel nach dem Buch und dem Film (Hayo Freitag) aufgeführt.

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Die Drei Räuber © Diogenes, Illustrationen: Tomi Ungerer – vor den Kulissen der Inszenierung am tjg.

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11/1/13

Bilderbuchklassiker trifft Puppentheater

Schon am Eingang des Rundkinos sieht man das Blaulicht immer wieder aufflackern. Für die Kinder gibt es kein Halten mehr. Mit leuchtenden Augen und roten Wangen laufen sie den Blinklichtern entgegen und können es kaum erwarten, dass die Türen zum Saal geöffnet werden.

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Wir sind gekommen, um uns den DDR-Bilderbuchklassiker Bei der Feuerwehr wird der Kaffee kalt als Inszenierung für das Puppentheater am theater junge generation Dresden anzuschauen. Die Vorstellung ist komplett ausverkauft. Überall auf den Reihen sitzen nun kleine Feuerwehrmänner und -frauen und bestaunen das tolle Bühnenbild. Manche von ihnen sind bestückt mit Feuerwehrhelmen oder gleich ganz im Feuerwehrkostüm gekommen. Und ab und zu, wenn man in diesem vorfreudigen Getümmel genauer hinschaut, sieht man auch das ein oder andere Kind, das noch kurz im mitgebrachten Bilderbuch herumblättert. Gleich geht es los und die Helden daraus werden die Bühne betreten.

Vorallem Klassiker der Kinderliteratur werden immer wieder gern als Vorlage für Inszenierungen am Puppentheater genommen. Meistens werden dabei bestimmte Inhalte neu erfunden oder etwas anders erzählt und aktuelle Bezüge mit eingebaut. Man ermöglicht dem (kleinen) Publikum somit einen neuen, überraschenden Blick auf die Geschichte und die Figuren. Und weil dieser Effekt so wunderbar zu unserem Anliegen – Literatur und Lesen erlebbar machen – passt, möchten wir heute nun dieses besonders gelungene Stück samt seiner Bilderbuchvorlage von Hannes Hüttner vorstellen.

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Bei der Feuerwehr wird der Kaffee kalt von Hannes Hüttner und illustriert von Gerhard Lahr erschienen bei Beltz Der KinderbuchVerlag

Es ist die Geschichte der siebenköpfigen Feuerwehrmannschaft unter Leitung von Löschmeister Wasserhose, die zwischen verschiedenen Einsätzen immer wieder Anlauf nimmt, um gemeinsam Kaffeepause zu machen. Nur will das einfach nicht so recht klappen. Immer wieder klingelt das Feuerwehrtelefon und ruft sie zu einem neuen Einsatz. Vom Wohnungsbrand bei Oma Eierschecke geht es zum Unfall von Emil Zahnlücke auf dem zugefrorenen See – und von da schließlich weiter zu einer umgefallenen Linde im Stadtzoo. Die Feuerwehrleute haben jede Menge zu tun und da muss der frisch aufgebrühte Kaffee halt warten. Er wird wohl oder übel kalt und zum Essen kommen die Feuerwehrleute auch nicht. Alle außer einem – der kleine Meier. Denn der findet im größten Einsatzstress noch Zeit für eine Stulle oder ein Stück Kuchen – schließlich hat er immer Hunger und muss bei Kräften bleiben.

Bei der Feuerwehr wird der Kaffee kalt ist spannend, lehrreich und lustig zugleich. Vorallem Jungs werden daran ihre große Freude haben. So sind es doch meistens sie, die von all den verschiedenen Fahrzeugen samt Ausrüstung und technischen Raffinessen so begeistert sind. Die Feuerwehrmänner sind ihre Helden und eine Geschichte über sie motiviert auch diejenigen, die sonst eher selten ein Buch in die Hand nehmen. Aber natürlich ist es ebenso ein tolles Buch für kleine Feuerwehrfrauen – das steht außer Frage. Schließlich gibt es ja auch Juanita.

Juanita durften wir bei unserem Besuch im Puppentheater kennenlernen. Sie ist Feuerwehrfrau und verstärkt da tatkräftig die Mannschaft von Löschmeister Wasserhose. Weibliche Unterstützung sozusagen – eine gute Idee finden die Kinder und geben Applaus, als sie im Begrüßungslied vorgestellt wird.

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Ja und da haben wir sie schon – die erste große Überraschung, die sich die Macher des Puppentheaterstückes einfallen lassen haben. Die Feuerwehrcrew besteht hier aus vier Feuerwehrmännern und einer Feuerwehrfrau.

Und auch diese Crew versammelt sich immer wieder am großen Holztisch , um gemeinsam den wohlverdienten heißen Kaffee zu genießen. Der Tisch wird gedeckt, der Kaffee eingeschenkt, Becher und Stullen werden gezählt und man wünscht sich einen guten Appetit. Und dann…ja dann klingelt das Handy von Löschmeister Wasserhose, das er natürlich immer am Mann direkt vorn in seiner Feuerwehrhose dabei hat.

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Auch hier folgt ein Einsatz dem Nächsten und mit ihnen auch eine Überraschung der Nächsten. Da werden zum Beispiel auf der Bühne kleine Extra-Bühnen geschaffen, die das Publikum zum Staunen bringt. Ein Spindfach der Feuerwehrgarderobe dient einfach mal so als brennende Wohnung der armen Oma Eierschecke, aus der es kräftig qualmt. Schnell ist die Feuerwehrtruppe vor Ort und es heißt: Wasser marsch! Und wer an dieser Stelle einen gewöhnlichen Wasserschlauch erwartet, ist weit gefehlt..

Viel Überraschendes hält dieses Stück auch sonst noch für die kleinen und großen Gäste bereit. Mit sehr viel Liebe zum Detail werden Hüttners Bilder hier auf neue Art und Weise zum Leben erweckt. Und man verlässt die Vorstellung mit einem Lächeln auf dem Gesicht. Ein großes Erlebnis diese kleine Bühne finden wir.