Ein Umzug in eine neue Wohnung – sei es innerhalb desselben Ortes oder gar vom Lande in die Stadt – hat immer auch etwas mit Abschied, Unsicherheit und Neustart zu tun. Immer bringt er auch eine Zeit mit sich, in der man das Gefühl von Zuhause erst wieder finden muss. Damit dieses Ankommen recht schnell glückt, braucht es vor allem liebe Menschen um einen herum, die das Gefühl geben willkommen zu sein. Es braucht Freunde.
Manchmal sind sie schon da, manchmal müssen sie erst gefunden werden. Und manchmal tauchen sie auch ganz unerwartet einfach auf. So wie in der wunderbaren Geschichte von Leo & Lena, die jedem kleinen LeseEntdecker, dem ein Umzug bevorsteht, Mut machen wird.
Leo & Lena und das schönste Haus der Welt von Libby Gleeson, übersetzt von Michael Stehle und illustriert von Freya Blackwood, erschienen im Verlag Urachhaus.
Verloren sieht der kleine Leo auf den ersten Seiten der Geschichte aus. Von der Provinz in die große Stadt geht es für ihn. Die Eltern sind ganz begeistert von der neuen Wohnung und versuchen Leo auf ihre Weise von der neuen Umgebung zu überzeugen. Doch Leo sehnt sich nur zurück in das alte kleine Häuschen, das ihm vertraut ist – sein Zuhause.
Die Illustratorin Freya Blackwood versteht es ganz wunderbar die Situation des kleinen Jungen in Bilder zu übersetzen. Dafür nutzt sie immer wieder die Möglichkeiten verschiedener Perspektiven. Das neue Haus, die Zimmer und sogar der Hof erscheinen dabei bedrohlich groß – Leo hingegen so witzig klein.
Sehr einfühlsam werden die gegenwärtige Situation im neuen Heim und Leos Erinnerungen an sein altes Zuhause gegenübergestellt. Dabei strahlen die Bilder aus Leos Vergangenheit immer Geborgenheit und Wärme aus – die Darstellungen der neuen Wohnung hingegen wirken fremd und kalt. Man erlebt die Geschichte von den Bildern her also unmittelbar mit Leos Augen und Gedanken. Der Text betrachtet eher von außen und erzählt die Geschichte mit einer einfachen und berührenden Sprache.
Beim Erkunden des Hofes stößt Leo auf die bereits ausgepackten Umzugskartons und er beginnt damit zu spielen. Ein sehr schönes und natürlich auch naheliegendes Motiv, wie wir finden. So sind es doch manchmal gerade die alltäglichen Gebrauchsgegenstände, die auf Kinder eine besondere Anziehungskraft haben und mit denen sie ihrer Fantasie freien Lauf lassen können.
Genau dabei passiert etwas, das die Bedrohlichkeit der vorangegangenen Seiten immer mehr verdrängt. Leo lernt Lena kennen. Und mit ihr geht sein Spiel mit den leeren Kartons erst so richtig los.
Gemeinsam bauen sie erst einen Turm, dann einen Zug und schließlich ein Haus. Und sie nehmen uns mit in eine andere Geschichte – sie spielen “Wer hat Angst vor dem bösen Wolf.” und sind abwechselnd Schweinchen und Wolf. Gemeinsames Ziel der beiden ist es ein Haus zu bauen, das durch das Strampeln, Trampeln, Husten und Pusten des Wolfes nicht mehr zusammenfällt.
So lernen sich Leo und Lena über das Spiel kennen und werden Freunde. Sie bauen ein einzigartiges Karton-Haus, das sich im Hof gen Himmel steckt. Perspektivisch auch wieder so gezeichnet, dass es riesig wirkt – doch diesmal nicht mehr auf bedrohliche Art und Weise. Viel eher als wäre es eine Art Kunstwerk – ein Denkmal, das für Leos neues Zuhause steht.
Ein wunderbares Bilderbuch zu den Themen Umzug, Heimweh und Freundschaft haben wir gefunden und lassen es nun in unseren EntdeckerKoffer einziehen. Wir sind begeistert von den feinen Zeichnungen Freya Blackwoods, die wie auf Packpapier hin skizziert wirken und dennoch eine ungeheure Symbolkraft innehaben. Details wie die fast nicht zu erkennende Lena am Fenster bei Leos Ankunft, das Familienbild vor Leos altem Zuhause in seinem neuen Kinderzimmer oder die Begegnung mit einer Schnecke, die das Glück hat ihr Haus überall mit hinnehmen zu können, sind nur ein paar wenige Beispiele dafür.
Auf der letzten Seite hat sich die Wärme und Geborgenheit dann schließlich ganz und gar auch im neuen Zuhause durchgesetzt. Am Ende ist Leo also angekommen im neuen Heim. Und wir mit ihm.
Inspiriert von dieser einfühlsamen Geschichte möchten wir an dieser Stelle außerdem wieder einmal einen EntdeckerTipp geben. Er betrifft die Vorbereitungen eines bevorstehenden Umzuges wie auch das Ankommen in der neuen Wohnung. Die noch leeren oder bereits ausgepackten Umzugskartons eignen sich bestens zum Häuser und Buden bauen und lassen die kleinen LeseEntdecker spielerisch und unmittelbar an der Veränderung teilhaben. So können sie sich für kurze Zeit ihren eigenen kleinen Rückzugsort inmitten des vorherrschenden Umzugschaos schaffen.