Auf den Spuren von Astrid Lindgren (Teil III)

Ein weiteres Ziel auf unserer Reise durch Schweden war Astrid Lindgrens Näs. Der Ort, der ihre Heimat war – an dem sie aufgewachsen ist und an dem heute eine Dauerausstellung zu ihrem Leben und Werk eingerichtet ist. Im letzten Teil unseres Reiseberichts möchten wir nun von unserem Besuch an diesem Ort erzählen.

SONY DSCIn Astrid Lindgrens Welt kann man Teil jeder ihrer Geschichten sein. In der Ausstellung in Näs geht es aber vor allem um eine Geschichte – ihre eigene. Doch auch an dieser Geschichte kann man dank eines sehr guten Audio-Guides mehr als teilhaben. Die persönliche Führung durch die Ausstellung per Kopfhörer ermöglicht es den Besuchern sich in die verschiedenen Lebensabschnitte der Autorin hineinzuversetzen und die Entstehung ihrer Geschichten und Figuren nachzuvollziehen. Dabei porträtiert die Ausstellung Astrid Lindgren aber nicht nur als die weltberühmte Kinderbuchautorin, sondern vor allem als Mensch. Man lernt Astrid als Tochter, Schwester oder als Freundin kennen – ebenso aber auch als Mutter, Ehefrau sowie gesellschaftlich und politisch engagierte Frau. Besonders begeistert waren wir von dem Audio-Guide speziell für Kinder – jede Station in der Ausstellung wird damit kindgerecht erklärt. Überall haben wir kleine LeseEntdecker stolz mit ihren eigenen Kopfhörern herumlaufen sehen. In dieser Ausstellung werden die Kinder ernst genommen – das passt und gefällt uns natürlich gut.

Gleich zu Beginn des Rundgangs kann man sich einen sehr schönen Film über Astrid Lindgren anschauen, durch den man einen ersten Überblick über ihr Leben bekommt. Anschließend taucht man dann ganz in die Ausstellung ein. Jeder Besucher geht sicherlich anders durch die Räume und legt sein Augenmerk auf andere Dinge. Die Details, die uns besonders gefallen, berührt oder erstaunt haben, möchten wir euch an dieser Stelle zeigen.

SONY DSCSo ziemlich der erste Blick fällt auf einen blühenden Baum mit einer einfachen – aber überdimensionierten – Küchenbank im Vordergrund. Dazu im Hintergrund ein Foto von Astrid Lindgrens Elternhaus sowie ein Zitat aus ihrem Werk Das entschwundene Land.

In der Natur ringsum war auch all das angesiedelt, was unsere Phantasie zu erfinden vermochte. Alle Sagen und Märchen, alle Abenteuer, die wir uns ausgedacht oder gelesen oder gehört hatten, spielten sich nur dort ab, ja sogar unsere Lieder und Gebete hatten dort ihren angestammten Platz.

Zusammen steht dieses Arrangement für die frühen Jahre von Astrid Lindgrens Kindheit. Der Baum versinnbildlicht die von ihr so sehr geliebte Natur. Die große Küchenbank wiederum steht für ein sehr einschneidendes Erlebnis in ihrer Kindheit – die Entdeckung von Märchen und dem Zauber, den sie in einem zurücklassen. Eine solche Bank befand sich nämlich in der sehr ärmlich eingerichteten Küche der Knechtfamilie, die ebenso auf Näs wohnte, als Astrid ein kleines Mädchen war. Und genau in dieser Küche bekam die damals vierjährige Astrid von der Tochter des Hauses ihr erstes Märchen vorgelesen – das Märchen vom Riesen Bam-Bam und der Fee Viribunda. Ab diesem Tag war Astrids Lesehunger und die Liebe zu Büchern erwacht. Aufgrund der Bedeutung dieser Begebenheit für ihr Leben hat man die Bank wohl auch so überdimensional gestaltet.

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Ein weiteres Highlight sind die hölzernen Bücherstapel in der Mitte des einen Ausstellungraumes. Lange sind wir immer wieder um sie herum gelaufen und haben die Komposition auf uns wirken lassen. Auch aufgeschlagene Bücher sind in den Stapeln zu finden – es wirkt als würden sie sich Stück für Stück davonstehlen wollen, um dann davonzufliegen.

An den ebenso mit Holz verkleideten Wänden reihen sich die Fotos aus Astrids Leben aneinander, die für bestimmte wichtige Abschnitte stehen oder sie mit den Menschen zeigen, die ihr am nächsten standen. Unterbrochen wird diese Fotogalerie ab und zu durch ein Zitat oder kurze Erläuterungen. SONY DSCNatürlich erfährt man in dieser Ausstellung auch so einiges über Astrids Geschichten und ihre Figuren – allerdings stets mit den direkten Bezügen zu ihrem Leben. In kleinen Schaukästen sind bestimmte Schlüsselgegenstände ausgestellt – beispielsweise der Holzhobel von Astrid Lindgrens Vater oder die alte Suppenschüssel, die sie zu Michels Unglück mit eben dieser inspiriert hat.

SONY DSCBesonders entscheidende Momente in Astrid Lindgrens Leben werden in der Ausstellung durch sehr plastisch gestaltete Szenendarstellungen präsentiert, die jeweils eine recht wirklichkeitsgetreue Autorin im Maßstab 1:3 zeigen. Die Szene, bei der wir am längsten standen und durch die wir uns auch die tatsächliche Begebenheit gut vorstellen konnten, seht ihr hier.

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Diese Installation zeigt die noch junge Astrid, wie sie auf ihrem Heimweg von der Arbeit im verschneiten Stockholmer Vasapark ausrutscht, hinfällt und sich am Fuß arg verletzt. Diese Begebenheit gilt als Schlüsselereignis für ihre schriftstellerische Laufbahn. Denn aufgrund dieser Verletzung kann sie nicht arbeiten gehen und muss einige Wochen das Bett hüten. In dieser Zeit schreibt sie die Geschichte von Pippi Langstrumpf nieder, die sie zwei Jahre zuvor für ihre Tochter Karin erfunden hatte – allerdings noch komplett ohne die Absicht sie an einen Verlag zu schicken.

Gleich daneben konnten wir durch einen Glaskasten dann auch noch das Original-Manuskript der Ur-Pippi sowie Astrid Lindgrens Schreibmaschine bestaunen.

SONY DSCDurch einen Tunnel mit Textauszügen aus ihren Büchern gelangt man in einen weiteren Ausstellungsraum, der sich nun eher mit der zweiten Hälfte von Astrids Leben beschäftigt. Auch da werden wieder viele Fotos von besonders wichtigen Lebensmomenten gezeigt. Die ausgewählten Zitate der Autorin offenbaren nun aber mehr und mehr auch ihr Tun und Schaffen neben dem Schreiben. Beispielsweise machte sie sich sehr für Kinderrechte stark und setzte sich mit den Jahren auch immer mehr für Tierschutz und artgerechte Tierhaltung ein.

SONY DSCSONY DSC SONY DSCMan verlässt die Ausstellung irgendwie mit etwas Wehmut – darüber dass diese besondere und mutige Autorin nicht mehr da ist. Tritt man dann aber in die angeschlossene kleine Ausstellungs-Buchhandlung und sieht die vielen bunten Kinderbücher mit all den bekannten Gesichtern vor sich, dann verfliegt die Wehmut und es bleibt Dankbarkeit. Dankbarkeit für diesen wunderbaren Kinderbuchschatz, den sie erschaffen hat.

SONY DSCHat man die Ausstellung etwas wirken lassen, kann man dann das weitläufige Gelände von Näs erkunden. Man durchquert einen kleinen Spielplatz, läuft an gackernden Hühnern vorbei und kommt direkt zum roten Haus aus Astrids Kinderzeit. Da wurde sie geboren und hat mit ihren Geschwistern all die kleinen und großen Abenteuer erlebt, die wir heute aus ihren Geschichten kennen.

SONY DSCSONY DSCFür die Kleinen gibt es außerdem noch einen kleinen Tischlerschuppen, in dem sie selbst das Schnitzen ausprobieren können – natürlich dürfen auch hier die Michel-Holzmännlein nicht fehlen.

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Ringsherum fallen die schön angelegten Gärten auf, die in den nächsten Jahren noch mehr ausgebaut werden sollen. Überall grün und trotz der Besucher irgendwie ruhig und idyllisch. Ein aus einfachen Steinen gelegtes Labyrinth lässt die Kinder über die Wiese rennen – manche sogar barfuß. Gleich daneben eine große alte Ulme mit hohlem Stamm – besser bekannt als Pippis Limonadenbaum. Zu schade, dass man nicht mehr drauf herum klettern kann – aber verständlich bei den vielen Besuchern jedes Jahr.

SONY DSCSONY DSCSONY DSCAls Abschluss sind wir direkt von Näs dann noch kurz auf den Marktplatz von Vimmerby gefahren und haben Astrid Lindgren an ihrem Schreibtisch besucht. Die kleinen LeseEntdecker-Finger, die da unaufhörlich versucht haben auf ihrer Schreibmaschine Wörter zu tippen, hätten ihr sicher gut gefallen.

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2 Antworten auf “Auf den Spuren von Astrid Lindgren (Teil III)

  1. Danke für den ausführlichen Bericht und die vielen Fotos! Da bekommt man glatt das Gefühl, selbst vor Ort zu sein!

    Die Ausstellung ist wirklich wunderbar gemacht – ich würde am liebsten sofort hinfliegen/-fahren. Ich staune ja immer darüber, wie kreativ und vielseitig die meisten Museen im Ausland sind, während sich hierzulande m.E.n. noch zu viele Ausstellungen – vor allem in kleineren Städten und ländlichen Regionen – auf das reine “Hinstellen” von Exponaten mit Beschreibung auf oft winzigen Texttafeln beschränken.

    • Ja, da hat man in Schweden wirklich ein Gespür für – das war auch unser Eindruck. Schön, wenn wir durch die Fotos einen kleinen Einblick gewähren konnten. Direkt vor Ort ist es aber natürlich noch viel beeindruckender – besonders gestaunt haben wir über all die Kinder, die unglaublich konzentriert und interessiert den Erzählungen über Astrid Lindgrens Leben lauschten. Wirklich eine sehenswerte Ausstellung – für Groß und Klein 🙂

      Danke für deinen Kommentar, liebe Kathrin.

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