Das Meer – Ein Ort, fünf Bücher

Bücher, die uns immer wieder, wann auch immer wir wollen, an einen bestimmten Ort (zurück)bringen, können sehr wertvoll sein. Sie versetzen uns mit Worten oder Bildern in einen Gemütszustand, den wir nur an diesem bestimmten Ort empfinden, erinnern uns an dort Erlebtes oder zeugen noch von einem vergangenen Besuch an einer bestimmten Stelle, an der das Buch unser Begleiter war.

Um Letzteres soll es in diesem Beitrag nun gehen – Bücher als Begleiter zu einem bestimmten Ort. In diesem Fall sogar zu einem Ort, der für viele Menschen ein wahrer Sehnsuchtsort ist – das Meer.

Fünf Bücher für den nächsten Besuch am Meer möchten wir vorstellen. Aus allen rieselt noch der feine Sand von unserem letzten Besuch am Strand und so manches Sandkorn wird wohl auch auf immer zwischen den Seiten versteckt bleiben. Alle vereint sie der Bezug zum Meer, aber bei jedem Buch nehmen die LeserInnen es aus ganz unterschiedlichen Perspektiven wahr. Und genau diese Vielseitigkeit, mit der Bücher ein bestimmtes Thema für ganz unterschiedliche Bedürfnisse, Interessen und Altersstufen greifbar machen können, soll hier deutlich gemacht werden. Wir müssen sie nur ganz selbstverständlich mit in unsere Wirklichkeit integrieren, dann wird auch aus einem Tag am Meer, ein Erlebnis, das wir zuhause immer wieder aufschlagen können.

Buchbegleiter ans Meer – Ein Thema aus fünf unterschiedlichen Blickwinkeln


Den Anfang macht ein großformatiges Sachbuch für etwas ältere Kinder, die sich auf eine ganz besondere Wissensreise in die Tiefen des Meeres begeben möchten. Hinab in eine unbekannte und zu großen Teilen sogar noch unerforschte Welt – die Tiefsee. Eine ganz eigene Welt, deren Schönheit und scheinbare Unendlichkeit in besonderem Maße faszinieren.

Eine Reise in die geheimnisvolle Tiefsee von Annika Siems und Wolfgang Dreyer, erschienen im Prestel Verlag.

Innenseite aus: Eine Reise in die geheimnisvolle Tiefsee © Prestel Verlag, Illustration: Annika Siems
Innenseite aus: Eine Reise in die geheimnisvolle Tiefsee © Prestel Verlag, Illustration: Annika Siems


Auf dem Meteor, einem Forschungsschiff mit eigenem Tauchboot an Bord, treten die jungen NachwuchsforscherInnen der Meeresbiologie diese besondere Reise gen Meeresboden an. Die Crew begleitet sie dabei auf unsagbar professionelle und wegweisende Art und Weise in Wort und Bild. Stück für Stück nähern sie sich den geheimnisvollen Lebewesen und fremden Regionen, nehmen winzige Geschöpfe unter das Mikroskop und staunen Meter für Meter und Seite für Seite über die unglaublichen Anpassungsstrategien der Natur an die extremen Bedingungen tief im Meer.

Unglaubliche Dunkelheit und Stille wechseln sich mit wunderschönen, bunten Lichtspielen ab, das Tauchboot gleitet durch Meeresschnee, vorbei an Gruselgestalten oder ganz exotischen Arten bis hin zu wunderschönen Unterwassergärten und offenbart der Besatzung durch den hellen Scheinwerfer so manches Versteck eines Tiefseegiganten. Die Fülle an Wissen, die bei diesem Tauchgang vermittelt wird, erreicht die jungen Mitreisenden über einen großartigen Spannungsbogen im erzählerischen Stil fast nebenbei, wirkt aber unmittelbar und somit auch nachhaltig. Sicher kann man sich bei nur einer Reise nicht all die unglaublichen Fakten und Naturphänomene merken, aber ein grundlegender Wissensschatz über dieses spannende Gebiet bleibt in jedem Fall bestehen. Besonders wohl auch aufgrund der imposanten und wunderschönen Illustrationen von Annika Siems, die wie von Zauberhand mit dem Layout ineinanderzugreifen scheinen und das Buch zu einem einzigen großen Kunstwerk werden lassen.

Ein Buch über einen besonders spannenden Teil unserer Meere, das es vermag seine LeserInnen in einen regelrechten Sog zu ziehen.

Innenseite aus: Eine Reise in die geheimnisvolle Tiefsee © Prestel Verlag, Illustration: Annika Siems


Für ein weiteres Sachbuch tauchen wir aus den Tiefen der Meere erst einmal wieder auf und widmen uns all den Dingen, die man am Meer erforschen, entdecken und basteln kann. Gemeinsam mit Julius, dem Protagonisten des Buches, der das Meer liebt und die jungen LeserInnen einlädt, es ihm gleichzutun. Mit ihm können sie gemeinsam und aus seiner Perspektive heraus auf die Weite des Meeres hinausblicken, beim Barfußlaufen den Sand unter den Füßen spüren oder aber die herrlich salzige Luft ganz tief einatmen. Außerdem hat man mit Julius jede Menge Spaß – sei es nun beim Wellenreiten oder Strand-Ping-Pong, beim Sandburgenbauen oder bei der Suche nach Strandgut.

Julius forscht: Am Meer – Forschen, Entdecken, Basteln von Michael König und erschienen im Olivia Verlag.

Innenseite aus: Julius forscht – Am Meer – Forschen, entdecken, basteln © Olivia Verlag, Fotos: Michael König
Innenseite aus: Julius forscht – Am Meer – Forschen, entdecken, basteln © Olivia Verlag, Fotos: Michael König


Natürlich weiß Julius als großer Freund des Meeres und Nachwuchsforscher auch unheimlich viel über den Lebensraum Meer, die Gezeiten oder die Dünenlandschaft. Mit größtem Einsatz erklärt er den jungen LeserInnen zum Beispiel, warum das Meer verschwindet oder wie sich die Dünen stetig verändern, führt Experimente durch und präsentiert wunderbar vielseitige DIY-Tipps.

Fotosachbücher ermöglichen es den kleinen LeseEntdeckern sehr schön, sich den ProtagonistInnen eines Buches nahe zu fühlen. Durch die Fotos erscheint Julius wie ein Freund, mit dem man sich unheimlich gut identifizieren kann. Baut man also seinen Drachen nach, pflanzt Sanddorn-Stecklinge nach seiner Anleitung oder trägt ab sofort eine Muschelkette wie er, dann kann man fast sagen: “Ja, die Idee stammt von Julius. Den kenn ich, das ist der Junge, der immer forscht.”

Weitere Themen hat Julius für diese Reihe bereits erforscht. Die Idee, sich einem bestimmten Thema über das Ausprobieren, Basteln oder Experimentieren zu nähen, ist nicht neu, hier aber besonders authentisch und liebevoll umgesetzt. Julius macht neugierig und weckt die Lust am Meer, am Entdecken und am Lesen.

Innenseite aus: Julius forscht – Am Meer – Forschen, entdecken, basteln © Olivia Verlag, Fotos: Michael König


Für eine weitere Annäherung an den Sehnsuchtsort Meer wagen wir noch einmal einen Tauchgang – hinein in die bunte Unterwasserwelt der Britta Teckentrup. Sie hat für die etwas Jüngeren unter uns diese farbenprächtige wie poetische Reise unter die Wellen der Meere geschaffen.

Meer – Die Welt unter den Wellen von Britta Teckentrup und übersetzt von Cornelia Boese, erschienen bei arsEdition.

Anhand von fröhlichen Reimen begleiten wir einen kleinen Fisch dabei, wie er sich seinen Weg durch das Korallenmeer und die Algenwälder sucht – vorbei an freundlichen Meereslebewesen, Blubberbläschen und so manchem Unterwasserwunder. So lange wir ihn über das Guckloch noch im Blick haben, können wir ihm weiter folgen. Doch dann auf einmal scheinen wir ihn inmitten eines großen Fischschwarmes zu verlieren. Ob wir ihn im bunten Gewusel des Meeres wiederfinden werden?

Innenseite aus: Meer – Die Welt unter den Wellen © arsEdition, Illustration: Britta Teckentrup
Innenseite aus: Meer – Die Welt unter den Wellen © arsEdition, Illustration: Britta Teckentrup


Gefühlt vereint Britta Teckentrup in diesem Bilderbuch die gesamte Farbpalette der Meere, weshalb es auch besonders schön dafür geeignet ist, um mit den kleinen LeseEntdeckern über die Farbe des Meeres zu sprechen und warum Blau nur ein Teil der Wirklichkeit ist.

Ebenso vielfältig wird die Pflanzen- und Tierwelt im Meer gezeigt. Auf jeder Seite lassen sich neue Lebewesen entdecken und am liebsten würde ich Brittas Unterwasserwelt großformatig auf die Wände diverser Kindertageseinrichtungen oder Schulen aufziehen, um ihnen ein Meereszimmer einzurichten. Einen Ort, an dem man trotz herrlichstem Farb- und Formenreichtum zur Ruhe kommen kann.

Als Buch ist es aber in jedem Fall eine wunderschöne Bilderreise zu einem magischen Sehnsuchtsort, den wir, wann auch immer wir wollen, immer wieder aufs Neue besuchen können.

Detail aus: Meer – Die Welt unter den Wellen © arsEdition, Illustration: Britta Teckentrup


Ein Meerbuch für die Allerkleinsten darf in dieser Sammlung natürlich auch nicht fehlen. Es ist eines der wunderbaren Naturbuch-Titel von Katrin Wiehle, die beinahe von Anfang an Begleiter sein können.

Mein kleines Meer von Katrin Wiehle, erschienen bei BELTZ&Gelberg.

Die schöne Pappe aus 100% Recyclingpapier, bedruckt mit Ökofarben, passt nicht nur farblich wunderbar zum sandigen Untergrund am Strand, sondern eben auch hervorragend in kleine Hände. Denn die gehen nicht besonders zimperlich mit den Seiten um, wenn sie zum Beispiel ganz aufgeregt im Buch genau das zeigen wollen, was sie gerade vor sich beobachtet haben.

Und das kann zum Beispiel der Seehund, die Möwe oder der Krebs sein. Sie sind die drei tierischen Freunde, die den allerkleinsten LeseEntdeckern von ihrem Lebensraum, dem Meer, im Buch erzählen. Aber es kann natürlich auch eins der anderen Lebewesen sein, die uns die drei Seite für Seite vorstellen. In jedem Fall gibt es am und im Meer viel zu entdecken. Die Illusrationen von Katrin Wiehle sind einfach gehalten, geben aber jedem einzelnen Meeresbewohner ein ganz eigenes Wesen und sind wunderbar lustig, was die Illustratorin manchmal nur durch kleine Details oder Pinselstriche erreicht hat.

Innenseite aus: Mein kleines Meer © BELTZ&Gelberg, Illustration: Katrin Wiehle
Innenseite aus: Mein kleines Meer © BELTZ&Gelberg, Illustration: Katrin Wiehle


Vervollständigen soll die Auswahl nun noch ein feiner schmaler Band aus der Insel-Bücherei, der sich ganz und gar dem Meer widmet und einen wunderbaren Begleiter für die Großen darstellt. Denn neben einer sehr ausgewogenen Zusammenstellung an verschiedensten Texten, die sich alle mehr oder weniger um das Meer drehen, beinhaltet er außerdem die wunderschönen maritimen Bildwelten von Quint Buchholz.

Das Meerbuch, herausgegeben von Matthias Reiner und illustriert von Quint Buchholz, erschienen im Insel Verlag.

Ebenso wie man am Strand stehen und sich im Anblick der tosenden Wellen verlieren kann, so kann man sich auch in diesem Buch zwischen Klassik, Mythos und Lyrik, Unterhaltung oder bitterer Wahrheit verlieren. All das vereint dieses dünne Büchlein und zeigt den Ort Meer von seinen unterschiedlichsten Facetten. Neben Texten von Goethe, Thomas Mann oder Christian Morgenstern kommen die LeserInnen dabei in den Genuss von Gedichten und Auszügen beispielsweise von Ingeborg Bachmann, Judith Schalansky oder Emily Dickinson. Auch ein Ausschnitt aus Erich Kästners Emil und die drei Zwillinge sowie Sinbads erste Reise sind im Buch vertreten.

Innenseite aus: Das Meerbuch © Insel Verlag, Illustration: Quint Buchholz
Innenseite aus: Das Meerbuch © Insel Verlag


Die Illustrationen von Quint Buchholz laden schließlich weiterhin zum Verweilen ein und geben den Texten stets das passende Gegenstück, ohne dabei zu konkret zu werden. Die scheinbare Unendlichkeit des Meeres zeigt er dabei immer wieder aus einer anderen Perspektive oder Stimmung. Oft in ruhigen Blau- und Grautönen, atmosphärisch und besänftigend. Einmal aber auch bedrohlich dunkel, kalt und aufwühlend. Denn auch das kann der Ort Meer sein. Eine Gefahr, die Menschen oft nicht richtig einschätzen können. Vor allem, wenn sie sich hinter Hoffnung versteckt. Auch darum geht es in diesem Buch. Das Meer vor Lampedusa.

Innenseite aus: Das Meerbuch © Insel Verlag, Illustration: Quint Buchholz


Das Meer zwischen Sehnsucht, Wissenschaft und Hoffnung, zwischen Natur, Vielfalt und Erholung – ein Ort mit vielen Geschichten. Einige davon findet man in diesen fünf Büchern. Wir wünschen bei der Auswahl viel Freude und halten bei unserem nächsten Strandbesuch Ausschau nach kleinen und großen LeseEntdeckern mit Büchern unterm Arm.

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