Im Herbst unmittelbar nach der Frankfurter Buchmesse ging es für uns auf eine lang ersehnte Reise. Die britische Hauptstadt erwartete uns und mit ihr jede Menge Entdeckungen für Groß und Klein. Und natürlich durfte auch hier die passende Reiselektüre nicht fehlen.
Heute möchten wir mit unserer kleinen literarischen Tour durch diese großartige Stadt beginnen und so noch einmal zurück blicken. Den Anfang macht ein ganz besonderer Städteführer, der schon vor mehr als 50 Jahren kleine LeseEntdecker begeistert hat.
London von Miroslav Sasek, erschienen im Verlag Antje Kunstmann.
Erstmals erschienen ist Saseks London 1959. 55 Jahre später packen wir eine wunderbare Faksimile-Ausgabe dieses Originals in unseren Koffer, um sie als Reisebegleiter durch die Stadt bei uns zu haben und um mit dem kleinen mitgereisten LeseEntdecker hin und wieder innenzuhalten und das Gesehene zu verinnerlichen. Da nehmen wir gern in Kauf, dass Format wie auch Gewicht eigentlich nicht unbedingt reisefreundlich sind.
Für den Auftakt des Buches hat sich Sasek gleich ein uraltes Klischee vorgenommen, das noch heute untrennbar mit London in Verbindung steht – der Nebel. Durch den sieht man natürlich erst einmal recht wenig von der Schönheit der Stadt. Ist er aber wieder verzogen, so kommt man aus dem Staunen nicht mehr hinaus. Und genau das zeigt uns Miroslav Sasek dann auch auf der nächsten Doppelseite. London von oben – wie als sei es dem Pointillismus direkt entsprungen.
Von dieser überwältigenden Weite führt uns das Buch Stück für Stück an konkrete Orte und Sehenswürdigkeiten der Stadt, erzählt uns von Einwohnern und offenbart Besonderes wie auch Eigenheiten der Metropole an der Themse. Und all das stets mit nostalgischem Charme und aus den Augen von Kindern.
So stehen beim Besuch des Buckingham Palace natürlich die Wachmänner im Vordergrund, die man unter ihren Bärenfellmützen allerdings erst einmal finden muss. Sie beim Stillstehen und Marschieren zu beobachten ist für Kinder ein wahres Schauspiel. Schön, wenn man sich das im Buch dann noch einmal anschauen kann.
Beim Parlamentsgebäude sind es dann die großen Zahlen, die uns staunen lassen. Gezeigt wird der Gebäudekomplex zwar von außen – gezählt aber von innen. Alles, was auf dem schönen Panorama von außen nicht zu sehen ist, hält Sasek in Zahlen fest. Die Anzahl der Höfe, Treppen, Räume und Korridorlängen ist ziemlich beeindruckend und gibt gleichzeitig Anregung von außen weiterzuzählen. Wieviel kleine, mittlere und große Türmchen hat das Gebäude zum Beispiel oder wieviel Fenster sind zu sehen? Und natürlich findet in diesem Zusammenhang auch die berühmte Glocke Big Ben Beachtung, die uns noch immer so wunderbar in den Ohren klingt.
Weiter geht es zur Tower-Bridge, die im Buch sogar geöffnet dargestellt ist, damit ein Schiff passieren kann. Das Glück dieses Anblicks hat man vor Ort allerdings nur selten – umso schöner es im Buch erleben zu können. Und auch der Besuch des Towers mitsamt der Beefeater und der großen Kolkraben kommt nicht zu kurz.
Und da man London auch des Öfteren unterirdisch erkunden kann und muss, widmet Sasek gleich mehrere seiner wunderbaren Bilder der Londoner U-Bahn.
Auch wenn sich in den vielen Jahren so einiges getan hat, die Atmosphäre der Bilder passt auch heute noch. Die unterirdischen Gänge hin zur U-Bahn sind eigentlich immer voll und bunt – aber stets freundlich. Die Menschen in der U-Bahn lesen immer noch Zeitung, auch wenn es mindestens die Hälfte davon per Tablet oder Smartphone tun. Und auch die Bedeutung der Fahrscheine, auf die im Buch angespielt wird, ist nach wie vor gegeben. Ohne Fahrschein kommt man nämlich weder rein noch raus – auch wenn das heute natürlich technisch anders geregelt ist. Die netten London Transport-Mitarbeiter trifft man trotzdem hin und wieder. Vor allem stehen sie dann auf einmal vor einem, wenn man ganz ratlos vor einer der vielen Weggabelungen oder Netzpläne steht und fragen ganz selbstverständlich: “May I help you?” Und auch in den Zügen selbst fühlt man sich nie wirklich fremd – dem kleinen LeseEntdecker wurde immer ein Platz angeboten. Wie als hätten die Menschen da großes Verständnis dafür, dass er nur so seinen großformatigen London-Reiseführer vor sich aufschlagen kann. Wie als wüssten sie, welch große Bereicherung dieser für einen London-Besuch mit Kindern darstellt. Und das tut er in jedem Fall – vor allem aus der Tatsache heraus, dass es sich um ein Reise-Bilderbuch handelt. So ist es bereits den Kleinsten schon möglich die Stadt im Vorfeld kennenzulernen oder im Nachhinein nachwirken zu lassen.
Sasek spart dabei wirklich nichts Interessantes aus. Neben den vorgestellten – für London recht typischen – Bilderbuch-Stationen, zeigt er außerdem auch eher unbekannte Orte und Erlebnisse, die im Standard-Reiseführer etwa unter “Geheimtipps” stehen würden. So zum Beispiel die Teestunde im Park, die Statue Peter Pans in Kensington Gardens oder das Klettern in den Bäumen im Battersea Park.
Alles in allem also eine wahre LeseEntdeckung, die durch die klaren Bilder, die zeitlose Bildsprache und Liebe zum Detail wie für unseren EntdeckerKoffer gemacht ist.