So kurz bevor die Leipziger Buchmesse ihre Tore öffnet und uns wieder mit all ihren Frühjahrsnovitäten aufwartet, nutzen wir schnell noch die Gelegenheit und werfen in diesem Beitrag einen Blick zurück und erweitern unsere Reihe “Heute wie damals” um einen weiteren Klassiker-Titel, der wieder aufgelegt wurde.
Der Räuberhase von Alfred Könner und illustriert von Werner Klemke, wieder aufgelegt bei BELTZ – Der Kinderbuchverlag. (Erstmals erschienen 1969 im damaligen Altberliner Verlag)
Das eine Exemplar stammt aus dem Kinderbuchkoffer eines mittlerweile erwachsenen LeseEntdeckers und wurde in den 80ern der DDR immer wieder gern hervorgeholt, angeschaut und vorgelesen. Es ist ein dünnes Heft mit vergilbtem Papier, das in klassischer Heftbindung lediglich durch zwei Klammern zusammengehalten wird. Das andere strahlt noch regelrecht in seinem Weiß und liegt als kleinformatige Hardcover-Ausgabe wunderbar in den Händen – in kleinen wie auch großen.
Die Geschichte, die nun beiden zugrunde liegt, handelt von dem kleinen Wendelin und einem äußerst räuberischen Hasen, der es tatsächlich wagt die aufgehende Sonne zwischen seinen langen Ohren festzuhalten und somit für jede Menge Aufregung sorgt. Denn schließlich kann der Tag nur mit dem Sonnenaufgang beginnen und erst danach seinen gewohnten Lauf nehmen. Wendelin fürchtet um sein Mittagessen samt Kompott, holt den Vater aus dem Schlaf und die Geschichte nimmt ihren überraschenden Lauf. Natürlich weiß es der Vater besser und versucht den Sohn mit einem kleinen Trick zum Weiterschlafen zu animieren. Die Sonne im Wasserglas ist dabei ein sehr schönes Sinnbild für die kindliche Fantasie.
Letztendlich hilft es aber alles nichts, Wendelin lässt der Räuberhase keine Ruhe und es kommt wie es kommen muss: Vater und Sohn begeben sich auf eine morgendliche Jagd nach dem Räuber der Sonne. Ein herrliches Spiel zwischen optischen Täuschungen und kindlichem Vorstellungsvermögen haben Könner und Klemke da vor über 40 Jahren geschaffen. Und bis heute hat sich nichts daran geändert, dass man jedem kleinen Jungen einen solchen Papa wünscht – der sich trotz Müdigkeit und mehr Weitsicht seinem kleinen Abenteurer anschließt, damit dieser lernen kann – aus den eigenen Erfahrungen.
Sehr interessant für uns war die Tatsache, dass es bei den beiden Exemplaren dann aber doch einen konkreten Unterschied gibt, der für die Geschichte nicht gerade unwesentlich ist. Dazu hier einmal zwei Suchbilder, bei denen jeweils ein Unterschied zu finden ist.
Ja, da ist dem kleinen Rotschopf in der 81er-Ausgabe doch glatt seine Knallkorkenflinte abhandengekommen und auch der dazugehörige Korken, der den Hasen an “seiner kitzeligsten Stelle” trifft, fehlt. Wir vermuten beide Details sind dem Ansatz der DDR, “humanistische Literatur fürs Kind” zu schaffen, in der Gewalt und Waffen weitestgehend außen vor gelassen wurden, zum Opfer gefallen. Die Neuauflage von 2014 orientiert sich wieder am Original von 1969, bei dem die Flinte ja auch eher einen Symbolcharakter hat und spielerisch anzusehen ist.
In jedem Fall eine amüsante Vorlesegeschichte, die durch ihre schöne Sprache und die einfachen, aber ausdrucksstarken Kreidezeichnungen des vielseitigen Werner Klemke (Hirsch Heinrich) generationsübergreifen ein Erlebnis ist und schön auch zum bevorstehenden Osterfest passt.