Weihnachten mit Pluck

Gern möchten wir auch dieses Jahr hier mit ein wenig Weihnachtszauber beenden, wofür wir wieder eine feine, kleine Auswahl an Weihnachts- und Winterbüchern, aber auch an besonderen Buchgeschenken oder Ideen für die Weihnachtszeit zusammengestellt haben. Ein alter goldener Rahmen soll diese im wahrsten Sinne des Wortes für euch nun jeweils immer einrahmen. Nicht jeden Tag im Sinne eines Adventskalenders, aber immer wieder als kleiner Zauber zwischen den Tagen des Wartens.

Den Beginn macht eine kleine Tradition, die wir im Grunde jedem Kind in der Vorweihnachtszeit in irgendeiner Form so wünschen. Der Besuch einer Weihnachtsinszenierung am Theater. Konkret war das bei uns dieses Jahr am tjg. – Theater junge Generation die Literaturadaption des in den Niederlanden sehr bekannten Kinderbuches Pluck mit dem Kranwagen als deutsche Erstaufführung.

Pluck nach dem Roman Pluck mit dem Kranwagen von Annie M. G. Schmidt und Fiep Westendorp und übersetzt von Rosel Oehlke, erschienen im ellermann Verlag. Am tjg. Theater der jungen Generation Dresden in einer Fassung von Felicitas Loewe und Jos van Kan aufgeführt.

Vom Buch auf die Bühne: Pluck am tjg. – Buchvorlage Pluck mit dem Kranwagen © ellermann Verlag, Illustrationen: Fiep Westendorp


Die Geschichte des kleinen Pluck, der ganz allein und auf der Suche nach einem Zuhause zum Wohnturm kommt und dort in das Turmzimmer einzieht, ist ein wunderbares Vorlesebuch. Kapitel für Kapitel lernt man gemeinsam mit ihm immer mehr Bewohner seiner neuen Bleibe kennen und erlebt, wie es Pluck durch sein hilfsbereites und mitfühlendes Wesen gelingt, eine sich misstrauisch begutachtende Nachbarschaft in eine Gemeinschaft zu verwandeln.

Dabei begegnen er und auch die kleinen LeseEntdecker den unterschiedlichsten Figuren, Wesen und Lebensmodellen. Und damit ist die Geschichte wie dafür gemacht, um am tjg. im Rahmen des aktuellen Spielzeitmottos Anders leben als du auf die Bühne gebracht zu werden. Im Gespräch mit der Dramaturgin Ulrike Carl haben wir viele Hintergründe der Metamorphose vom Buch zum Stück erfahren können und möchten im Folgenden kurz auch hier einen Einblick in diesen wunderbaren und kreativen Prozess geben.

Pluck – Innenseite aus: Pluck mit dem Kranwagen © ellermann Verlag, Illustrationen: Fiep Westendorp
Pluck (Kilian Bierwirth) kommt am Wohnturm an – Szene aus: Pluck © tjg. Dresden, Foto: Marco Prill


Größter inhaltlicher Unterschied zur Buchvorlage ist wohl das Herauslassen des Kranwagens, sowohl im Titel als auch im Stück selbst. Man habe die Fokussierung auf den Jungen Pluck ganz bewusst gewählt, um nicht ein jüngeres Publikum anzusprechen, als die eigentlich angedachte Altersgruppe von 6 bis 10 Jahren, so Ulrike Carl im Gespräch. Und bedenkt man die Länge des Weihnachtsstücks und auch die komplexen Figurenkonstellationen, ist das eine sehr kluge Entscheidung des Teams gewesen.

Die Figuren werden dem Publikum dann aber alle erst einmal recht behutsam und teilweise auch einzeln zum Anfang der Inszenierung vorgestellt.

So ist beispielsweise relativ schnell klar, dass es sich bei Frau Sauberer, herrlich bizarr von Moritz Stephan gespielt, um eine gemeine, extrem penible und putzwütige Person handeln muss. Sie bringt den, für das Publikum unsichtbaren, aber ohne Zweifel sehr liebenswerten Kakerlak Zaza in große Gefahr und steht auch unserem lieben Freund Pluck alles andere als wohlgesonnen gegenüber.

Frau Sauberer mit der Sprühflasche – Innenseite aus: Pluck mit dem Kranwagen © ellermann Verlag, Illustrationen: Fiep Westendorp
Frau Sauberer (Moritz Stephan) mit der Sprühflasche – Szene aus: Pluck © tjg. Dresden, Foto: Marco Prill


Außerdem gibt es da noch Herrn Feder, den Buchhändler, der zu Plucks engstem Vertrauten wird und ihn über so manch kuriose Zusammenhänge im Wohnturm in Kenntnis setzt. Gespielt wird er von Bettina Sörgel, der Felicitas Loewe und Jos van Kan im Stück eine Doppel- bzw. sogar eine Dreifachrolle zugedacht haben. Einmal verkörpert sie Herrn Feder, als den allwissenden Erzähler der Geschichte und andermal die eigentliche Figur des Buchhändlers, die jeweils direkt mit in das Geschehen einsteigt. Außerdem spricht Bettina Sörgel den unsichtbaren Zaza und macht somit aus jedem Gespräche zwischen Buchhändler und Kakerlak ein besonders inszeniertes Erlebnis. Wunderbar!

Pluck und Herr Feder – Innenseite aus: Pluck mit dem Kranwagen © ellermann Verlag, Illustrationen: Fiep Westendorp
Pluck (Kilian Bierwirth) und Herr Feder (Bettina Sörgel) begegnen sich – Szene aus: Pluck © tjg. Dresden, Foto: Marco Prill


Nachdem Pluck nun bereits seine ersten Heldentaten vollbracht und die ersten Wohnturmbewohner kennengelernt hat, bahnt sich jedoch schon das erste große Problem an. Frau Sauberer besetzt sein Turmzimmer und will ihn damit wieder verjagen. Zum Glück hat Pluck aber bereits Freunde, die ihm helfen und gewinnt durch seine hilfsbereite Art auch schnell das Wohlwollen von einflussreichen Figuren – so zum Beispiel das von dem Major, als er sein Pferd Langhors aus einer misslichen Situation befreit. Ganz grandios und super lustig, wie das Team des tjg. dieses überlange Pferd auf die Bühne gebracht hat.

Langhors – Innenseite aus: Pluck mit dem Kranwagen © ellermann Verlag, Illustrationen: Fiep Westendorp
Pluck (Kilian Bierwirth) und Langhors (Moritz Stephan und Paul Oldenburg) – Szene aus: Pluck © tjg. Dresden, Foto: Marco Prill


Und auch mit so kuriosen und durchaus nicht ungefährlichen Erfindungen wie der Affenleiter der Familie Stampfer nimmt man es im tjg. gern auf. Als Pluck sich um Frau Sauberers Tochter Agathe, gespielt von Adrienne Lejko, sorgt, zeigen Herr Stampfer und seine kleinen Stampferchen ihm ihre ganz eigene Methode, wie man einfach mal kurz eine Etage weiter nach unten baumelnd in das Fenster der Familie Sauberer hineinschauen kann. Im Stück wird Pluck, Herr Stampfer und sein kleinstes Stampferchen außerdem noch von Dolly, Plucks Taubenfreundin – gespielt von Julian Lehr sowie natürlich von Herrn Feder unterstützt. Und sitzt man da so gemütlich im Saal der Großen Bühne, hat man dank wunderbarster Bühnenbildperspektive und jeder Menge Ohs und Ahs der Schauspieler wie auch Theatergäste tatsächlich etwas Angst, um die Äffchen an der Kette.

Die Affenleiter – Innenseite aus: Pluck mit dem Kranwagen © ellermann Verlag, Illustrationen: Fiep Westendorp
Die Affenleiter – Szene aus: Pluck © tjg. Dresden, Foto: Marco Prill


Aber natürlich geht alles gut, die kranke Agathe kommt sogar zu einem wunderschönen Urlaub am Meer mit Pluck und der Stampfer-Familie und Pluck kann sich danach schon bald dem nächsten Abenteuer widmen, was nichts Geringeres als die Rettung des Turtelgartens ist.

Und dabei kommt es nach der Pause im zweiten Teil der Inszenierung dann zum großen Höhepunkt des Stückes, den es im Buch durch die episodische Form so eigentlich gar nicht gibt.

Pluck nimmt den langen Weg zu einem Freund von Herrn Feder auf sich, um von ihm die Lösung zu erhalten, die die Planierraupen und die Umbaumaßnahmen des schönen Parks nahe des Wohnturms ein für alle Mal stoppen soll. Und bekommt er sie?

Pluck auf dem Weg zur Fähre – Innenseite aus: Pluck mit dem Kranwagen © ellermann Verlag, Illustrationen: Fiep Westendorp
Fähr- und Werwolf und Pluck – Innenseite aus: Pluck mit dem Kranwagen © ellermann Verlag, Illustrationen: Fiep Westendorp
Fähr- und Werwolf trifft auf Pluck (Kilian Bierwirth) – Szene aus: Pluck © tjg. Dresden, Foto: Marco Prill


In jedem Fall bekommt er die Chance einen einsamen Werwolf glücklicher zu machen und er bekommt Hasselbeeren. Alles andere möchten wir hier natürlich nicht vorweggreifen und legen den Besuch von Pluck sehr ans Herz. Denn das Stück vereint von der Botschaft her vieles, was wir uns in der Vorweihnachtszeit wünschen. Miteinander statt gegeneinander, Gemeinschaft leben, Respekt gegenüber dem Anderssein – gegenüber der Natur und den Tieren, jede Menge Mistelzweige, Liebe und natürlich Schnee.

Und natürlich ist so ein Theaterbesuch auch immer gemeinsame Zeit, bei der man tolle Kostüme bestaunen kann, gemeinsam über typische tjg-Spracherfindungen und herrlich schräge Charaktere lachen kann oder einfach danach nach Hause geht und zusammen ein wenig verinnerlicht, was man sich selbst von Plucks Geschichte mitnehmen kann – für die Weihnachtszeit oder aber auch generell.

Pluck (Kilian Bierwirth) im Turtelgarten – Szene aus: Pluck © tjg. Dresden, Foto: Marco Prill
Pluck (Kilian Bierwirth) vor seinen neuen Freunden, der Gemeinschaft des Wohnturmes – Szene aus: Pluck © tjg. Dresden,
Foto: Marco Prill


Dem tjg. möchten wir an dieser Stelle danken, für den Mut, die hierzulande doch relativ unbekannte und auch nicht unbedingt weihnachtsspezifische Romanvorlage so besonders für das Hier und Jetzt umgesetzt zu haben. Einzig allein etwas mehr Bücher hätten wir uns für die Buchhandlung von Herrn Feder gewünscht. 😉 Aber die besondere Erfindung des dicken Astronomiebuches mit schönster 3D Illustration hat uns fast entschädigt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

*