Unser Hauptstadtbesuch Teil II – Zu Gast bei ultramar media

Nach unserer kleinen Reise in die Welt der Illustrationskunst sind wir nur ein paar Straßen entfernt in eine weitere Sphäre eingetaucht, die unbeschreiblich viel Neues und Spannendes für uns bereithielt. Versteckt in einem lichten Hinterhof haben wir Birge Tetzner und Rupert Schellenberger von ultramar media in ihrem Tonstudio besucht – um mehr zu erfahren von ihrer Hörspielkunst und der Faszination für die Vergangenheit.

Kennengelernt haben wir Birge und Rupert schon vor einiger Zeit über ihre wunderbaren Fred-Hörspiele, die wir hier schon an verschiedenen Stellen vorgestellt haben. Doch ihre Arbeit reicht weit über diese eine Reihe hinaus und zeigt einmal mehr, was entstehen kann, wenn man das, was man macht, mit viel Begeisterung und voller Überzeugung tut. Uns haben die beiden davon erzählt.

Zu Besuch im Tonstudio von ultramar media

Schon vor der Gründung ihres gemeinsamen Verlages ultramar media haben Birge und Rupert viel zusammen gearbeitet und das große Potential, dass die Verbindung ihrer beiden Unternehmen mit sich bringt, optimal genutzt. Birge entwirft mit ihrem Unternehmen audio Konzept Lösungen zur Informationsvermittlung in Museen und macht aus wissenschaftlichen Inhalten interessante Hörtexte für kleine und große Ausstellungsbesucher. Wunderbar ergänzt wird ihr Portfolio durch Ruperts Studio ultramar labs, in dem er – zumeist für erlebnisorientierte Ausstellungen – Musik und Sound komponiert, entwirft und produziert sowie atemberaubende Klangkulissen schafft.

Vor zehn Jahren ist aus dieser Zusammenarbeit heraus mit Fred im Land der Skythen das erste Fred-Hörspiel entstanden – als innovative Kinderführung für eine Ausstellung über die Königsgräber der Skythen in Berlin. Die Produktion mit verschiedenen Stimmen, Geräuschen und Sounddesign betreiben sie schon damals recht aufwändig und mit viel Herzblut. Die Vorstellung, das Hörspiel über das Ende der Ausstellung hinaus bestehen zu lassen, gefällt beiden daher sehr und es entsteht die Idee, Freds erstes Abenteuer auch als CD im Museums-Shop anzubieten. Als begleitende Publikation zur Ausstellung sozusagen – an die Fortführung dessen als Reihe denken beide zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht. Doch der Zuspruch der kleinen Ausstellungsbesucher und die Begeisterung der Kuratoren führt schließlich dazu, dass diesem einen Hörspiel-Abenteuer ein weiteres folgt – diesmal zu einer Ausstellung über Tell Halaf.

Irgendwie haben wir uns in die Vorstellung verliebt,

etwas zu machen, das bleibt.

Birge Tetzner

Nach vier Fred-Abenteuern wird schließlich auch der Buchhandel auf diese besonderen Hörspiele, mit denen man in die Zeit reisen kann, aufmerksam und die Verlagsgründung sei daher die einzig logische Konsequenz für beide gewesen, erzählen sie uns. Seither begleitet sie der kleine Nachwuchsarchäologe Fred auf all ihren Wegen. Auch während unseres Gespräches scheint es, als würde er leibhaftig zum Team gehören, so viel Verbundenheit und Wärme steckt in den Worten von Birge und Rupert, wenn sie von ihm erzählen. Aber auch alle anderen Figuren aus den Hörspielen liegen den beiden wirklich am Herzen – das spürt man ganz deutlich.

Das Verlagsteam: Birge, Rupert und Fred (v.r.n.l)

Wir wollten mehr über die Entstehungshintergründe von Freds Abenteuern erfahren und haben bei Birge und Rupert nachgefragt, in welchem Zusammenhang diese zu ihrer Arbeit für Museen und Ausstellungen stehen.

Nicht immer entstehe zu jeder Ausstellung, die sie betreue, ein Hörspiel, erzählt uns Birge dazu. Aber sehr gern nutze sie eben die Gelegenheit, dass sie während ihrer Recherchephase für die jeweilige Ausstellung Zugang zu aktuellen Forschungsergebnissen habe und ein Kontakt zu den betreuenden Forschern problemlos möglich sei. So könne sie sich noch intensiver in das entsprechende Thema bzw. die jeweilige Zeit eingraben, verrät sie uns weiter. Und das sei genau der Punkt, den sie an ihrer Arbeit auch so lieben würde. Sich intensiv und bis ins Detail mit einer Zeit oder Epoche auseinandersetzen, dabei Neues oder besonders spannende Einzelheiten entdecken und diese schließlich weitergeben. Und nicht nur diese, vor allem komme es ihr darauf an, ihre eigene Begeisterung weiterzugeben und deutlich zu machen, dass Geschichte auch Spaß machen kann.

So ist beispielsweise Fred bei den Maya zeitgleich zu einer Maya-Ausstellung im Historischen Museum der Pfalz Speyer entstanden und auch Fred in der Eiszeit haben Birge und Rupert in Verbindung mit der Wanderausstellung Eiszeit Safari produziert. Die Hörspiele profitieren von diesem direkten Bezug zum Museum auf ganz besondere Weise. Und auch anders herum ergeben sich großartige Synergieeffekte. So kann man beispielsweise sagen, dass sie im Bereich Informationsvermittlung fürs Museum durchaus neue Wege einschlagen und sich mit ihren Hörkonzepten und auditiven Klangwelten weg von der klassischen Museumsführung bewegen. Der Einsatz von Musik, verschiedenen Geräuschen oder Klängen, unterschiedlichen Sprecherstimmen und ungewohnte Textformen gehört für sie bei jeder Produktion dazu. Beim Ausstellungsbesucher erzeugen sie damit viel mehr Emotionen und somit auch mehr Konzentration, als es einer Audio-Führung im klassischen Erklärstil gelingen würde. Gerade bei Kindern seien diese Faktoren extrem wichtig und es sei jedes Mal aufs Neue wunderbar, zu sehen, dass diese Art von Ansprache über eine andere Ebene gut funktioniere, erzählt uns Rupert. Und ja – genau dieses Ineinandergreifen der Bereiche – oder sagen wir besser Kunstformen – zeichnet die Arbeit von ultramar media auch in unseren Augen aus.

Der Aufnahmeraum
Hier wird die Vergangenheit wieder lebendig gemacht.

Eine weitere Besonderheit bei ultramar media sind die Hörspiel-Lesungen. Die Idee den Sound und die Musik des Hörspiels auch für eine Lesung zu nutzen, finden wir großartig. So werden die Geschichten noch einmal mehr zu einem Erlebnis für die kleinen LeseEntdecker. Natürlich wollten wir genau wissen, wie man sich eine solche Lesung vorstellen kann.

Auch wenn Birge immer wieder gefragt werde, wie man denn ein Hörspiel vorlesen könne, gehört es für sie ganz klar zu ihrer Arbeit dazu. Schließlich habe auch ein Hörspiel einen Text, den man vorlesen könne und natürlich würde sie, als Autorin des Textes, diese wunderbare Möglichkeit auch wahrnehmen – in Schulen und Bibliotheken zum Beispiel oder auf Lesefesten. Der Ablauf sei dabei immer ähnlich – Birge liest Teile von Freds Abenteuer vor und untermalt das Gelesene mit der Musik und den Geräuschen aus dem Hörspiel. Auch die Dialoge versucht sie ab und zu direkt aus dem Hörspiel mit einfließen zu lassen – allerdings sei das recht kniffelig und es fühle sich ein wenig wie Karaoke an, erzählt sie uns und lacht dabei. Aber es sei ihr eben sehr wichtig die Lesung für die Kinder spannend und interessant zu gestalten und da würde sie das gern in Kauf nehmen. Und natürlich dürften dabei auch kleine Sachblöcke, in denen sie verschiedene Exponate zeige, nicht fehlen. Nur so würde es ihr vielleicht gelingen, die Welt, in der sich Fred bewegt, lebendig zu machen. Das schönste seien aber definitiv die vielen Fragen, die von den Kindern kommen würden. Auf diese dann auch immer die richtigen Antworten zu haben, sei ihr sehr wichtig.

Hörspiel-Lesung mit Birge zur Leipziger Buchmesse 2017

Neben den Fred-Hörspielen wird es bald noch weitere Hörproduktionen aus dem Hause ultramar media zu hören geben. Der beste Ritter & Richard Löwenherz  ist eine davon. Uns haben Birge und Rupert schon etwas mehr zu dieser geplanten Produktion verraten.

Auch hier sei es eine Ausstellung gewesen, die Birge den eigentlichen Anstoß zum Schreiben gegeben habe, erfahren wir. Eine Ausstellung über Richard Löwenherz, die noch bis Mitte April im Historischen Museum der Pfalz Speyer zu sehen ist. Dafür habe sie eine Kinderführung geschrieben und schnell sei klar gewesen, dazu möchte sie unbedingt mehr machen. Richard Löwenherz und die Zeit der Kreuzzüge sei für sie schon immer ein spannendes Feld gewesen. Da die Ritterzeit eher ein historisches Thema wäre, es bei Fred aber mehr um Archäologie ginge und sie diese beiden Bereiche nicht vermischen wollte, sei ihr die Idee gekommen, mal etwas Neues auszuprobieren.

Bei der Recherche in der Zeit sei Birge dann auf eine sehr interessante Biografie gestoßen, die im Grunde nur indirekt mit Richard Löwenherz in Zusammenhang stehe, berichtet sie uns ganz begeistert. Diese wahre Lebensgeschichte von dem hierzulande recht unbekannten Ritter Guillaume le Maréchal habe sie aber so fasziniert, dass der berühmte Richard Löwenherz immer mehr aus ihrem Blickwinkel gerückt sei und sie anstelle dessen diesen besten Ritter als den neuen Helden für ihre Geschichte auserkoren habe. Denn er soll wahrhaftig ein vorbildlicher Ritter gewesen sein – ein großer Turnierkämpfer, Leibwächter von König Heinrich II. von England, Lebensretter der Königin und in Bezug auf Richard Löwenherz sogar eine Schlüsselfigur in der Geschichte. Bestens geeignet also auch, um an seiner Biografie entlang die verschiedenen Rittertugenden, die Bedeutung von Ehre oder aber die verschiedenen Etappen der Ritterausbildung zu erklären.

Gelesen wird dieses spannende Ritterabenteuer von Andreas Fröhlich, der Guillaume le Maréchal als Ich-Erzähler seine Stimme leiht. Weitere Sprecher werden bei dieser Produktion nicht zum Einsatz kommen, denn Birge und Rupert haben sich dieses Mal bewusst für die Form der inszenierten Lesung entschieden, um ihren Hörspielproduktionen eine weitere Kunstform an die Seite zu stellen und einmal mehr aufzuzeigen, wie vielseitig geschichtliche Themen arrangiert werden können. Musik und Sounddesign werden aber wie gewohnt zum Einsatz kommen und der Geschichte ebenso viel Stimmung und Tiefe verleihen, versichert uns Rupert. Wir sind schon sehr gespannt.

Der beste Ritter & Richard Löwenherz – Illustration: Karl Uhlenbrock

Doch damit nicht genug an neuen Projekten bei ultramar media – Fred bei den Wikingern soll zur diesjährigen Frankfurter Buchmesse als Buch erscheinen. Auch über dieses Highlight haben wir mit beiden gesprochen und dabei schon so manch interessantes Detail erfahren.

Vom Hörspiel zum Buch – den Weg also einfach einmal anders herum gehen. Wir finden, das passt ganz hervorragend zu ultramar media und geben zu, insgeheim haben wir natürlich schon darauf gehofft. Und auch Birge und Rupert begleite der Gedanke ein Fred-Abenteuer in Buchform herauszugeben schon sehr lange, erzählen sie uns. Allerdings sei dieser Schritt eben auch mit unheimlich vielen Neuerungen und vielen Fragen verbunden, sodass alles gut durchdacht sein müsse.

Bisher seien schon viele Fragen beantwortet und es sei ganz wunderbar zu sehen, wie das Buch immer mehr Gestalt annehme, berichtet Rupert. Für die Illustrationen, die im Buch einen großen Anteil ausmachen sollen, sei es beispielsweise gelungen den jungen, sehr talentierten Illustrator Karl Uhlenbrock zu gewinnen. Bereits die Coverillustration für Der beste Ritter und Richard Löwenherz stammt aus seiner Feder. Strich und Anmutung passen wunderbar zum bisherigen Erscheinungsbild der Hörspiele und auch die Zusammenarbeit mit ihm sei mehr als stimmig, schwärmen Birge und Rupert. Sehr spannend sei nun auch die Frage, welche Szenen auf welche Art und Weise von ihm bebildert werden. Denn so bekämen die Figuren, die bisher ja nur in den Köpfen der Hörer existieren, ihr ganz eigenes festgelegtes Aussehen.

Bewusst nehmen wir uns für das Buch viel Zeit,

denn es muss sich am Ende für uns komplett stimmig anfühlen.

Rupert Schellenberger

Den Fokus im Buch möchte Birge übrigens ganz klar auf die Abenteuergeschichte richten, auf keinen Fall möchte sie ein Sachbuch machen, erklärt sie uns. Fred bei den Wikingern soll ein Buch sein, in das man eintauchen kann und das spannend ist. Die vielen Sachinformation, die man im Hörspiel so leicht zwischen die Geschichte legen kann, sollen hier auf einer zweiten Ebene direkt neben der Geschichte platziert werden, erfahren wir. So dass sie die jungen Leser bei Bedarf informieren und für den wünschenswerten Aha-Moment sorgen, innerhalb der Geschichte den Lesefluss aber nicht ausbremsen.

Man merkt ganz deutlich, hier ist viel Leidenschaft im Spiel und beide freuen sich schon sehr auf diese neue Herausforderung. Und auch wir sind beglückt, dass Freds Erfolgsgeschichte weitergeht – als Hörspiel-Reihe sowieso, aber nun im besten Fall eben auch als Buch-Reihe.

Am Ende des Treffens gibt es für uns noch eine kleine Studioführung und wir können sehen, wo Fred, seine Freunde und die vielen Charaktere aus der Vergangenheit zum Leben erweckt werden. Birge zeigt uns noch ein paar ihrer Hörspielskripte für die jeweiligen Sprecher und wir dürfen uns an Ruperts Arbeitsplatz setzen. Ein sehr aufregender Einblick, der mit Sicherheit auch kleinen LeseEntdeckern gut gefallen dürfte, wie beispielsweise der Besuch der Lesecrew vom Berliner Buchsegler eindrucksvoll beweist.

In der Regie
Extra für uns: Fred im Land der Skythen einmal in der Tonspuren-Ansicht

Unsere gemeinsame Zeit vergeht bei all diesen Eindrücken wie im Fluge, aber am Ende nehmen wir eins auf jeden Fall mit: noch mehr Begeisterung für diesen jungen, unabhängigen und innovativen Verlag. Danke für die Möglichkeit all das aus erster Hand zu erfahren und hier weitergeben zu können. Wir sind sehr gespannt auf alle angekündigten Projekt – auch auf jene, die wir hier heute noch nicht verraten können.

Nachklapp: Als kleines Give-Away haben uns Birge und Rupert außerdem noch die inszenierte Lesung von Robin Hood, die sie für die Kinder-Begleitausstellung  zu Richard Löwenherz produziert haben, mit auf den Weg gegeben. Eigentlich war sie ausschließlich für die Ausstellung gedacht, doch Anfang des Jahres hat sich glücklicherweise die Möglichkeit ergeben, sie als eigenständige Hörproduktion im Verlag herauszugeben und somit mehr Kinder erreichen zu können. Alle Robin Hood-Fans und solche, die es noch werden wollen, sollten sich daher schon einmal die Leipziger Buchmesse dick im Kalender anstreichen, denn dann wird die CD erscheinen. Für eine Hörprobe hier entlang.

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